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Großrazzia gegen illegale Leiharbeit in Fleischindustrie
Mehr als 40 Wohn- und Geschäftsräume nach Angaben der Bundespolizei bundesweit durchsucht
Weißenfels. Die Bundespolizei führt seit den frühen Morgenstunden in fünf Bundesländern Durchsuchungen im Zusammenhang mit der illegalen Einschleusung von Arbeitskräften für die Fleischindustrie durch. Rund 800 Beamte seien schwerpunktmäßig in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen im Einsatz, sagte ein Sprecher der Bundespolizei Mitteldeutschland am Mittwoch. Weitere Durchsuchungen gebe es in Berlin, Sachsen und Nordrhein-Westfalen.
Mehr als 40 Wohn- und Geschäftsräume werden nach Angaben der Bundespolizei durchsucht. Der Schwerpunkt liege dabei auf Weißenfels in Sachsen-Anhalt sowie Twist und Garbsen in Niedersachsen. Aber auch in anderen Städten fänden Aktionen statt. Darunter Berlin, Papenburg in Niedersachsen und Chemnitz in Sachsen.
Die beschuldigten Firmen sollen Menschen aus Osteuropa mit gefälschten Dokumenten nach Deutschland geholt haben. Seit April 2020 führe eine Sonderkommission Ermittlungen dazu durch. Zuständig seien die Staatsanwaltschaft Halle sowie deren Zweigstelle in Naumburg.
Die Ermittlungen richten sich laut Bundespolizei gegen 10 Hauptbeschuldigte im Alter von 41 bis 56 Jahren. Darunter sind acht Männer und zwei Frauen. Es gehe um den Vorwurf der banden- und gewerbsmäßigen Einschleusung und der Urkundenfälschung.
Beschuldigt sind zwei Firmen, die unabhängig voneinander, aber nach demselben Muster vorgehen sollen. Sie sollen hauptsächlich rumänische Staatsbürger mit falschen Dokumenten nach Deutschland geholt haben. Sie hätten sie hier bei Behördengängen unterstützt, ihnen Unterkünfte und Transport organisiert, diese Leistungen aber auch vom Lohn abgezogen. Die Ermittler haben nach den Angaben Werte in Höhe von 1,5 Millionen Euro beschlagnahmt. Den illegal eingereisten Leiharbeitern drohe die Ausweisung aus Deutschland.
Bei der Aktion gehe es darum, so viel Beweismaterial wie möglich zu sichern, etwa um die Zahlungsvorgänge und die Kommunikation der Firmen nachzuvollziehen, sagte ein Sprecher der Bundespolizei. Darüber hinaus sei es vor allem wichtig, wie viele illegal eingereiste Leiharbeiter man in den Unterkünften antreffe. Diese sollten erkennungsdienstlich behandelt und befragt werden.
Nach gehäuften Corona-Infektionen in Fleischbetrieben waren die Arbeitsbedingungen in der Branche und die Unterbringung ausländischer Beschäftigter erneut in den Fokus gerückt. Das hat eine bundesweite Debatte über die Arbeitsbedingungen in der Branche ausgelöst.
Am 10. September hat der Bundestag das sogenannte Arbeitsschutzkontrollgesetz in erster Lesung behandelt. Es sieht vor, dass Kerntätigkeiten in der Fleischwirtschaft wie Schlachten, Zerlegen und Verarbeiten künftig nicht mehr von betriebsfremden Beschäftigten ausgeführt werden dürfen. Werkverträge und Leiharbeit sollen in der Branche von 2021 an verboten sein. dpa/nd
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