Mehr Eingriffe, weniger Komplikationen
Barmer-Report: Krankenhäuser mit ausreichender praktischer Erfahrung sind in der Regel in einer Stunde erreichbar
Vielen Krankenhäusern fehlt es an Geld. So werden ihre Investitionsmittel von den Bundesländern nicht ausreichend übernommen. Im Zuge der Coronakrise kamen noch Verluste durch verschobene Operationen hinzu. Ein Teil der ausgefallenen Einnahmen wurde durch einen finanzielle Rettungsschirm des Bundes ersetzt. In diesem Zusammenhang gelangt wieder die Qualität der stationären Versorgung in die Diskussion. Passend dazu liefert die Barmer ihren jährlichen Krankenhausreport. Vorgestellt wurde der Band am Donnerstag in Berlin. Das Thema, obwohl schon häufiger untersucht, bleibt brisant: Wie hoch müssen die Fallzahlen bei einzelnen Eingriffen sein, damit eine möglichst hohe Behandlungsqualität erreicht wird? Oder auf einen Aspekt reduziert: Wie viele Operationen sind nötig für eine möglichst geringe Sterblichkeit? Die Frage ist also bei jedem absehbaren Eingriff: Wo kann ich mich sicher behandeln lassen, weil die Mediziner dort über genügend Erfahrung verfügen?
Die Barmer untersuchte für ihren Bericht fünf Arten von Eingriffen: bariatrische Operationen (zur Behandlung von krankhaftem Übergewicht), Eingriffe an der Wirbelsäule, bei krankhafter Erweiterung der Bauchschlagader, bei Darm- und Bauchspeicheldrüsenkrebs. Bei den beiden letztgenannten könnten laut dem Report in zehn Jahren knapp 3800 Todesfälle verhindert werden, wenn das richtige Krankenhaus gewählt wird. Die Sterblichkeit innerhalb von 30 Tagen nach dem Eingriff war einer der Parameter, der erfasst wurde. Außerdem schauten sich die Wissenschaftler spezielle und allgemeine Komplikationen sowie die Rate der Wiedereinweisungen an. Darüber hinaus wurde die Dauer der Anfahrtswege ausgewertet.
Für die Entfernung von örtlichen Tumoren im Fall von Darmkrebs zeigte sich etwa, dass mit einer Verdoppelung der Fallzahl die Sterblichkeit von 4,4 auf 3,6 Prozent sank. Die Rate der spezifischen Komplikationen sank um zwei Prozentpunkte auf 14,6 Prozent, wie Boris Augurzky, Autor des Reports, erläuterte. Der Gesundheitsökonom vom RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Essen wies auch darauf hin, dass es sich hier um einen besonders häufigen Eingriff handelt. Ein höheres OP-Risiko in Kauf zu nehmen, nur weil ein Krankenhaus mit geringen Fallzahlen das nächstgelegene ist, erscheint gerade bei diesem Eingriff nicht angeraten. Denn die Untersuchung ergab, dass 99 Prozent der Bevölkerung innerhalb von 60 Minuten eines der Krankenhäuser erreichen kann, die in der Spitzengruppe nach Fallzahlen liegen.
Keinen Zusammenhang zwischen der Anzahl der Eingriffe und dem Behandlungsergebnis gab es für Operationen der Wirbelsäule. Augurzky erklärte aber, dass die einbezogenen Qualitätsparameter nur kurze Fristen abdecken. Hinzu kommt, dass neurologische Komplikationen, die bei diesen Operationen häufig sind, in den Routinedaten der Barmer nicht erfasst werden. Hier wäre also eine andere Datenbasis nötig. Barmer-Vorstand Christoph Straub wünscht sich für die Forschung eine Verknüpfung mit Daten von medizinischen Registern.
Vorgeschrieben sind Mindestmengen bisher bei sieben Prozeduren, darunter Leber- und Nierentransplantationen, komplexe Eingriffe an Speiseröhre und Bauchspeicheldrüse, bei Stammzelltransplantationen und der Versorgung von Früh- und Neugeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1250 Gramm. Allerdings, so Straub, sei die vorgegebene Zahl etwa bei den Pankreaseingriffen mit zehn pro Jahr im internationalen Vergleich sehr niedrig. Und so werde in den kleineren Kliniken trotzdem weiter operiert. Der Barmer-Chef mahnt zur Orientierung für Patienten unter anderem mehr Transparenz von Seiten der Krankenhäuser an.
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