AfD-Fraktion wirft Ex-Sprecher Lüth fristlos raus

Frühere Pressesprecher sprach davon, dass Migranten »erschossen« oder »vergast« werden könnten

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die AfD-Fraktion im Bundestag hat ihren langjährigen Pressesprecher Christian Lüth nach Berichten über menschenverachtende Äußerungen fristlos entlassen. Der Fraktionsvorstand habe die Entscheidung am Montag einstimmig gefällt, sagte ein Fraktionssprecher am Montag zu AFP in Berlin. Hintergrund seien aktuelle Berichte, wonach Lüth unter anderem über die Möglichkeit des Erschießens oder Vergasens von Migranten gesprochen habe.

Bei einem heimlich von Prosieben gefilmten Treffen mit einer rechten Publizistin im Februar sprach sich der damalige AfD-Fraktionssprecher laut dem Nachrichtenportal »Zeit Online« dafür aus, dass »noch mehr Migranten kommen«. Weiter sagte er demnach: »Weil dann geht es der AfD besser. Wir können die nachher immer noch alle erschießen. Das ist überhaupt kein Thema. Oder vergasen, oder wie du willst. Mir egal!«

»Zeit Online« berichtete, Prosieben spreche aus rechtlichen Gründen in einer dazugehörigen Fernsehdokumentation nur von einem hohen AfD-Funktionär und nenne Lüths Namen nicht. Allerdings habe das Portal Lüth mithilfe mehrerer Informanten eindeutig identifiziert. Der Film soll am Montagabend ausgestrahlt werden.

Prosieben berichtete im Vorfeld, er habe seine Gesprächspartnerin zur Mitarbeit bei der Partei bewegen wollen. »Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD«, soll er gesagt haben. »Das ist natürlich scheiße, auch für unsere Kinder - aber wahrscheinlich erhält uns das.« Dies sei mit Fraktionschef Alexander Gauland »lange besprochen« worden, soll er zudem gesagt haben.

Scharfe Kritik kam von der SPD. »Es ist wieder einmal die AfD, die solche Menschen in ihren Reihen hat«, kritisierte SPD-Bundestagsfraktionsvize Katja Mast gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Lüthsangebliche Aussage über das Erschießen von Migranten sei »abscheulich, menschenverachtend und offen rechtsradikal«. »Das ist Gift für unser Land und es macht mich krank.«

Zwei Monate nach dem angeblichen Treffen wurde Lüth vom Dienst als Bundestagsfraktionssprecher freigestellt. Vor zwei Wochen wurde ihm der Posten nach Fraktionsangaben offiziell aberkannt. Die Freistellung im April erfolgte nach Bekanntwerden von Berichten, wonach sich Lüth selbst als »Faschist« bezeichnet und mit Bezug auf seinen Großvater von seiner »arischen« Abstammung gesprochen haben soll. Zuletzt war er für eine andere Funktion in der Fraktion im Gespräch.

»Lüth provoziert gerne, und er weiß viel über einige führende Funktionäre dieser Partei«, sagte ein ehemaliges Mitglied des AfD-Bundesvorstandes, das seinen Namen nicht veröffentlicht sehen wollte. »Für Lüths Aussagen fehlen mir die Worte«, kommentierte eine frühere Kollegin.

Die AfD betonte auf Twitter, Lüth sei kein Parteimitglied und seit drei Jahren nicht mehr für die Partei tätig. »Er konnte im Februar 2020 nicht für uns als Partei sprechen«, erklärte die AfD zu dem damaligen Pressesprecher der Bundestagsfraktion. Agenturen/nd

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -