Deutsche Einheit ist am Lohn zu messen
Linke plant Große Anfrage zum 30. Jahrestag des Beitritts
Mit einer Großen Anfrage zum Thema deutsche Einheit will sich die Linksfraktion im brandenburgischen Landtag an die rot-schwarz-grüne Regierung wenden. Gefragt werde nach innerer Einheit, Treuhand, Löhnen, Lebensbedingungen und anderen Dingen, kündigte Fraktionschef Sebastian Walter am Dienstag an. »Wir arbeiten noch daran«, sagte er.
Hintergrund sei, dass es durchaus sanierte Straßen und Stadtzentren in den neuen Bundesländern gebe, aber noch längst keine gleichwertigen Lebensbedingungen. Das nannte Walter »ein schwerwiegendes Problem«. Zu den deprimierenden Erfahrungen im 30. Jahr der Einheit gehöre, dass die Aufstiegschancen selbst junger Ostdeutscher deutlich geringer seien als die ihrer Altersgefährten aus dem Westen. Bestimmt werde dies von »Seilschaften« und »gläsernen Decken« in Verwaltung und Wissenschaft, die für junge Ostdeutsche ohne Protektion vielfach nicht zu überwinden seien. Im gegenwärtigen Stadium gehe es aber um mehr als darum, nur über eine Angleichung der Löhne ans Westniveau zu reden.
Am Dienstagmorgen hatten sich Abgeordnete der Linksfraktion zu streikenden Mitarbeitern der Verkehrsbetriebe begeben, um Solidarität zu üben. Wenn ein Busfahrer in Bernau als Berufsanfänger im Monat 500 Euro weniger verdiene als ein Kollege in Berlin, dann sei das 30 Jahre nach der deutschen Einheit nicht mehr hinnehmbar, sagte Walter. In Corona-Zeiten zeige sich, dass billiger Applaus nicht ausreiche, und die »Systemrelevanz« auch vergütet werden müsse.
Aber bergen höhere Löhne für die Bus- und Straßenbahnfahrer nicht die Gefahr, dass dann auch die Fahrpreise erhöht werden, die Senioren mit geringer Rente irgendwie bezahlen müssen? Walter erklärte dazu, die Linke fordere, dass die Landesregierung zehn Millionen Euro bereitstelle, um die Lohnerhöhung für die Verkehrsbetriebe auszugleichen. Er rügte, dass kommunale Verwaltungen schon Subunternehmer rekrutieren, um sie als »Streikbrecher« gegen die Busfahrer einzusetzen. »Das verurteilen wir.« Ferner rügte Walter, dass die kommunalen Arbeitgeber »nicht bereit sind, an den Verhandlungstisch zu gehen«. Dass die Entscheidung über die Bezahlung den Tarifparteien obliege, bezeichnete Walter als richtig.
Der Linksfraktionschef widmete sich am Dienstag noch einem anderen Thema aus der Sparte Verkehr. Das Flugwesen steht ihm zufolge vor einschneidenden Veränderungen. In absehbarer Zeit, wenn es auch vielleicht noch Jahre oder Jahrzehnte bis dahin dauert, werde es über Europa keinen Flugbetrieb mehr geben wie noch vor einem halben Jahr, vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie. Vor diesem Hintergrund spreche sich die Linke gegen den millionenschweren Ausbau des Großflughafens BER durch zusätzliche Terminals aus, erklärte Walter. Manche fragen bereits, warum die Hauptstadtregion überhaupt noch den neuen Airport benötigt und ob der alte Flughafen Schönefeld für die geringen Passagierzahlen nicht genügen würde. Das glaubt Walter aber nicht. Dessen Kapazität werde höchstwahrscheinlich nicht ausreichen, meinte er. Doch könne ein Parallelbetrieb von BER und Flughafen Schönefeld bis auf weiteres neue Terminals ersparen.
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