Kinder besser vor Missbrauch schützen
Niedersächsischer Landtag bildet eine Enquetekommission
Wie lassen sich Kinder vor Missbrauch und sexueller Gewalt besser schützen? Mit der Frage wird sich in Niedersachsen eine Enquetekommission beschäftigen, die der Landtag einstimmig auf den Weg brachte.
Unzureichend sei der Informationsaustausch niedersächsischer Behörden im Fall des massenhaften Kindesmissbrauchs auf einem Campingplatz in Lügde gewesen: Das war das Fazit, das eine Sonderermittlerin im September zu den Verbrechen in der nordrhein-westfälischen Kleinstadt gezogen hatte. Die Kritik traf besonders das in Niedersachsen gelegene Jugendamt des Kreises Hameln, einer dem Tatort benachbarten Region. Es hieß: Obwohl der Haupttäter in Verdacht stand, pädophil zu sein, habe ihm die Behörde ein sechsjähriges Mädchen in Obhut gegeben, an dem er sich dann verging. Die Kleine stellte den Kontakt zu weiteren Kindern her, an dem sich die Männer vergriffen. Insgesamt 40 Mädchen und Jungen im Alter von vier bis 13 Jahren wurden in Lügde missbraucht.
Damit sich so etwas nicht wiederholt, soll die künftige Kommission unter anderem dafür sorgen, dass die Kooperation von Kindertagesstätten, Schulen, Gesundheitswesen, Ermittlungsbehörden und Jugendhilfe verbessert wird, auch im Bereich des Datenaustauschs. Zusammensetzen wird sich das Gremium aus 15 Landtagsabgeordneten und bis zu vier Sachverständigen, die nicht dem Parlament angehören.
Der Aufgabenkatalog dieser Kommission ist umfangreich. Es geht um Fragen wie zum Beispiel Kinder und Jugendliche, bei denen ein erhöhtes Gefährdungsrisiko besteht, vor sexueller Gewalt geschützt werden können. So Mädchen und Jungen mit Behinderungen, mit psychischen Erkrankungen, geflüchtete Kinder und solche, die in Gemeinschaftsunterkünften leben.
Auch der Umgang mit potenziellen Tätern steht auf der Agenda. Dazu gehört der Zugang zu Therapieangeboten für Menschen mit pädosexuellen Neigungen ebenso wie die Diskussion um Änderungen im Strafrecht. Kann es beim Strafmaß eine hinreichend abschreckende Wirkung gegen sexualisierte Gewalt an Kindern und gegen Kinderpornografie erzielen oder gibt es mit Blick auf das Strafgesetzbuch Änderungsbedarf?
Das sind Fragen, mit denen sich die Kommission auseinandersetzen wird. Der Bedarf, sich mit der Thematik eingehend zu befassen, ist unstrittig, Auch im niedersächsischen Parlament. Das zeigte sich am Dienstag in der einmütigen Zustimmung zu dem Gremium. Eine kontroverse Diskussion darüber gab es nicht unter den Abgeordneten, die aus einer Drucksache zum Tagesordnungspunkt erfahren hatten: Für das Jahr 2019 registrierte das Bundeskriminalamt knapp 14 000 Fälle sexueller Übergriffe auf Kinder und Jugendliche, niedersachsenweit wurden mehr als 1600 solcher Sexualdelikte gezählt. Allerdings gibt es eine hohe Dunkelziffer, wissen Kinderschutzorganisationen sowie Experten von Polizei und Justiz.
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