Corona-Neuinfektionen in Deutschland steigen sprunghaft auf über 4000

Reisende aus innerdeutschen Risikogebieten müssen künftig einen höchstens 48 Stunden alten negativen Corona-Test vorlegen

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Berlin. Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Deutschland ist sprunghaft auf mehr als 4.000 binnen eines Tages angestiegen. Die Gesundheitsämter meldeten 4.058 neue Corona-Infektionen innerhalb der vorangegangenen 24 Stunden, wie das Robert Koch-Institut (RKI) am Donnerstag mitteilte. Das sind über 1.200 mehr als am Mittwoch, als mit 2.828 Neuinfektionen ein neuer Höchstwert seit April gemeldet worden war. Ein höherer als der nun gemeldete Wert war zuletzt in der ersten Aprilwoche erreicht worden.

Seit Beginn der Coronakrise haben sich nach Angaben des RKI mindestens 310.144 Menschen in Deutschland nachweislich mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert (Datenstand 8.10., 0.00 Uhr). Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion liegt nach RKI-Angaben bei 9578. Das sind 16 mehr als am Vortag. Rund 269.600 Menschen haben die Infektion nach RKI-Schätzungen überstanden. Die Rate der positiven Tests stieg stark an und lag in der 40. Kalenderwoche (28.9.- 2.10.) bei 1,64 Prozent. In der Woche zuvor waren es 1,22 und davor 1,16 Prozent gewesen.

Einschränkungen bei der Beherbergung

Als Reaktion auf die steigenden Fallzahlen hatten die Bundesländer am Mittwoch mehrheitlich beschlossen, dass innerdeutsche Urlauber aus Risikogebieten nur dann beherbergt werden dürfen, wenn sie einen höchstens 48 Stunden alten negativen Corona-Test vorweisen können. Greifen soll dies für Reisende aus Gebieten mit mehr als 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen.

Fünf Länder gaben zu dem Beschluss aber abweichende Erklärungen ab. Thüringen machte deutlich, dass es ein Beherbergungsverbot nicht mittragen wolle, Berlin will zumindest nicht sofort einsteigen. Niedersachsen und Bremen wollen prüfen. Mecklenburg-Vorpommern will bei noch strengeren Quarantäneregeln bleiben.

Thüringen wies darauf hin, »dass die Einschätzung der Gesundheitsbehörden der betroffenen Gebiete Grundlage und Maßstab für die Maßnahmen der Reisezielgebiete sein muss«. Das Gesundheitsministerium in Erfurt erläuterte, de facto gebe es keine Einreiseverbot. Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte, für Infizierte oder Verdachtsfälle werde Quarantäne angeordnet. Sie dürften Regionen mit Infektions-Hotspots nicht verlassen. Warum jedoch alle Menschen aus einer solchen Region nicht beherbergt werden sollten, sei ihm unverständlich, sagte er.

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach erklärte, innerdeutsche Testpflichten und Beherbergungsverbote seien wenig sinnvoll. »Wir werden bald so viele betroffene Regionen haben dass die Regel kaum umsetzbar, geschweige denn kontrollierbar ist.« Zudem müssten Angebote in Deutschland erhalten bleiben, gerade um zu verhindern, dass Deutsche in ausländische Hochrisikoregionen reisen.

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Zentrales Kriterium beim Krisenmanagement ist, ob es in einer Region mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen gibt. Anhand dieser Schwelle stuft die Bundesregierung auch andere Staaten als »Risikogebiete« für deutsche Urlauber ein. Im Inland haben Bund und Länder vereinbart, dass ab dieser Marke in »besonders betroffenen Gebieten« örtliche Gegenmaßnahmen ergriffen werden.

Auch die Stadt Bremen überschritt diese Schwelle mit einem Wert von 57,6 Neuinfektionen. Generell rücken Großstädte ins Visier für zusätzliche Maßnahmen, wie auch die Bundesregierung betonte. Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sagte im ZDF: »Die Pandemie wird in den Metropolen entschieden.« Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) sagte im RBB: »Die Zeit der Geselligkeit ist vorbei. Die Lage in Berlin ist ernst.« Ab diesem Samstag müssen Bars, Restaurants und die meisten Geschäfte in Berlin von 23.00 Uhr bis 6.00 Uhr schließen. Im Freien dürfen sich nachts nur noch fünf Personen oder Menschen aus zwei Haushalten treffen - drinnen bei privaten Feiern maximal zehn Leute.

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Bürger aus Orten mit sehr hohen Corona-Infektionszahlen müssen sich im Herbst also bei Reisen innerhalb Deutschlands auf erhebliche Schwierigkeiten gefasst machen. Doch auch Reisen ins Ausland sind alles andere als einfach. Nach einer Aktualisierung der Liste mit Corona-Risikogebieten bleiben unter dem Strich nur noch wenige Länder übrig, für die weder vor Reisen gewarnt noch von ihnen abgeraten wird. Dazu zählen die beliebten Urlaubsländer Italien, Griechenland, Zypern und Malta. Agenturen/nd

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