Werbung

Echter Klimaschutz ist machbar

Heisse Zeiten - Die Klimakolumne

  • Elena Balthesen
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Klimakrise wird auch in Deutschland produziert. Da sind nicht nur die riesigen Kohlegruben, die Landschaften und Dörfer verschlingen, und mit deren Erzeugnissen dann Massen an Treibhausgasen in die Luft befördert werden. Aktuell drängt sich auch der rückständige Zustand unseres Verkehrssystems ins Blickfeld: Eine neue Autobahn, die Erweiterung der A49, soll den Dannenröder Wald in Hessen zerstören, genau wie den nahe gelegenen Maulbachwald sowie den Herrenwald. Die Waldstücke sind aktuell von Klimaaktivist*innen besetzt - werden aber geräumt und teilweise gerodet. Sie stehen symbolisch für das verkehrspolitische Versagen in ganz Deutschland wie vorher der Hambacher Wald für das energiepolitische. Sie repräsentieren nur verschiedene Bereiche der Klimazerstörung, mit der Deutschland eigentlich aufhören muss - wie es die Bundesregierung mit der Unterzeichnung des Pariser Weltklimaabkommens auch versprochen hat.

Die Kämpfe gegen die Zerstörung unserer Lebensgrundlage übertreten dabei häufig eine legale Grenze. Die der Legitimität aber nicht, wie ich finde, wenn keine Gewalt angewendet wird. Die öffentliche Debatte um dieses Thema ist seltsam: Aktivist*innen müssen sich für ihre Aktionen ständig rechtfertigen und werden immer wieder nach dem Grund für ihr Handeln gefragt. Die politisch Verantwortlichen lassen sich aber immer wieder Ausreden einfallen, warum sie sich nicht an geltendes Recht halten, wenn sie ihre klimapolitischen Versprechen nicht einhalten. Auf diese Weise betrachtet ist das für mich vollkommen absurd.

Es gehe nun mal nicht, heißt es dann oft. Das war schon immer völliger Blödsinn. Jetzt haben wir aber wissenschaftliches Material, um das zu widerlegen. Die in dieser Woche vorgestellte ausführliche Studie vom Wuppertal-Institut und Fridays for Future zeigt, was Deutschland tun muss, um den fairen Beitrag zur 1,5-Grad-Grenze zu erbringen. Die Erderhitzung bei höchstens 1,5 Grad zu halten, ist ein Nebenziel des Paris-Abkommens. Unsere Studie zeigt vor allem: Es ist möglich!

Was ich am krassesten finde: Es ist die erste Studie, die in einem Rundumschlag untersucht, was die 1,5-Grad-Grenze insgesamt für Deutschland bedeutet. Wie kann es sein, dass die Bundesregierung so eine naheliegende Studie nie selbst in Auftrag gegeben hat? Sie hat sich doch - völlig zurecht - international dazu verpflichtet, das Ziel möglichst einzuhalten. Warum braucht es für so eine Studie uns Jugendliche? Das erinnert auch an das ständige Abwehren einer Rassismusstudie bei der Polizei durch Innenminister Horst Seehofer. Die Entscheidungsträger*innen scheinen Angst vor den Ergebnissen zu haben. Es macht es aber nicht besser, sich die Augen zuzuhalten. Das zieht nämlich drastische Folgen nach sich. Es spricht auch Bände, dass keine einzige Partei einen 1,5-Grad-Plan vorlegen kann.

Mit der Studie weiten wir unsere Protestform noch weiter aus. Neben Straßenprotest, Kampagnen, Gesprächen und Onlineaktionen ist die Studie eine Erweiterung unserer bundesweiten Forderungen.

Jede Partei muss sich nun an dieser Studie messen. Wähler*innen sehen, was nötig ist - und was die Parteien bieten. Dass ein Großteil dem nicht einmal nahekommt, ist klar. Dass keine Partei die nötigen radikalen Handlungen vertritt, ist aber keine Ausrede, nicht wählen zu gehen. Es zeigt nur, dass Wählen allein schon lange nicht mehr reicht.

Das sieht man deutlich bei dem Streit um den Danni: In Hessen regieren die Grünen in einer Koalition mit der CDU. Sie haben den Ausbau der A49 zwar nicht beschlossen, das war Bundessache, sie führen ihn aber als Landesregierung mit aus. Sie betonen ihr Bedauern, versuchen ihr Image noch zu retten, doch das Dilemma bleibt: Noch sind sie Teil einer Regierung, die einen gesunden und wertvollen Wald für den Asphalt hergibt. Dabei wird klar: Die Etablierung einer Partei hat politische Kosten. Entschuldigen tut das nichts. Aber es zeigt, dass es Druck braucht, von außen. Wer also meint, fürs Klima die Grünen zu wählen, darf es nicht dabei belassen. Man muss trotzdem auf die Straße, in die Grube, in den Wald oder eine eigene Protestform finden.

Es muss um alle Hambis und Dannis gekämpft werden. Wir können der Politik nichts über 1,5 Grad durchgehen lassen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.