Geld zurück - jetzt oder nie

Im Streit um die Erstattung von Rückmeldegebühren bereiten Studierende und Gewerkschaft Massenklagen gegen das Land vor

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Brandenburgischen Studierendenvertretung (Brandstuve) reißt der Geduldsfaden. Seit Jahren versuchen ehemalige Studenten auf allen juristischen Wegen, die zwischen 2001 und 2008 an den Hochschulen des Landes erhobenen Rückmeldegebühren zurückerstattet zu bekommen. Ohne Erfolg. Die Landesregierung weigert sich bis heute beharrlich, ihnen auch nur einen Cent zurückzuzahlen. Nun sei es an der Zeit, dass die Ex-Studenten geballt dagegen vorgehen, findet Brandstuve. Gemeinsam mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) bereitet der Zusammenschluss der Studierendenvertretungen der brandenburgischen Hochschulen daher jetzt Massenklagen gegen das Land vor.

»Im Wissenschaftsministerium tut sich in der Sache überhaupt nichts. Mit den Massenklagen wollen wir den Druck noch einmal deutlich erhöhen«, sagt Brandstuve-Sprecher Jonathan Wiegers zu »nd«. Denn klar sei auch, so Wiegers, dass die Uhr tickt. Brandstuve zufolge droht zum 31. Dezember die Verjährung der Rückzahlungsansprüche. Genau darauf setze das Haus von Wissenschaftsministerin Manja Schüle (SPD). »Dort tendiert man dazu, das Problem einfach auszusitzen.« Aber das entspräche ohnehin »der Praxis der letzten Jahre«, so Wiegers auch mit Blick auf Schüles Amtsvorgängerin Martina Münch (SPD). »Es wurde alles abgeblockt.«

Folgenloser Rüffel aus Karlsruhe

Besondere Verärgerung ruft der Umstand hervor, dass aus Sicht von Brandstuve und der GEW der Fall höchstrichterlich eigentlich längst entschieden scheint - und zwar zugunsten der betroffenen Gebührenzahler. Schließlich hatte das Bundesverfassungsgericht den 51-Euro-Obolus pro Semester bereits im Januar 2017 für rechtswidrig erklärt. Die Richter in Karlsruhe kamen damals zu dem Schluss, dass die Gebühr nach der bis 2008 geltenden Gesetzeslage lediglich zur Deckung der Bearbeitungskosten erhoben wurde. Die aber hätten tatsächlich nur rund 20 Euro betragen, die halbjährlich eingestrichenen 51 Euro stünden hierzu in einem »groben Missverhältnis«.

Der Standpunkt der Landesregierung und der Hochschulen ist gleichwohl bis heute unverändert: Mag ja sein, dass die Rückmeldegebühren »verfassungswidrig« waren, erklärte Ministerin Schüle Ende August im Landtag. Eine Erstattung sei aber nur möglich, wenn fristgerecht geklagt worden sei. Und fristgerecht meint hier: spätestens 2013. Wer das bis dahin versäumt habe, habe eben Pech gehabt. Die Ansprüche seien schlicht verjährt.

Studierendenvertretung und Gewerkschaften bestreiten das vehement - und verweisen aufgrund des Karlsruher Urteils auf den 31. Dezember dieses Jahres als Verjährungsfrist. Fred Albrecht von der GEW fährt dabei schweres Geschütz auf. Ihm zufolge werde durch die Hinhaltetaktik des Kabinetts »das Vertrauen in den Rechtsstaat« erschüttert. »Dass die Landesregierung unrechtmäßig 20 bis 30 Millionen Euro einbehält und die Verjährung provoziert, zeigt dass das SPD-geführte Wissenschaftsministerium die legitimen Ansprüche der Betroffenen nicht ernst nimmt«, so Albrecht, der im Brandenburger GEW-Vorstand für die Bereiche Hochschule, Forschung und Weiterbildung zuständig ist.

Realistische Erfolgschancen

Mindestens 200 Kläger*innen müssten sich an der konzertierten juristischen Massenaktion beteiligen, sagt Studierendenvertreter Wiegers. Mit einer von Brandstuve und GEW initiierten und noch bis Dienstag laufenden Online-Umfrage wird aktuell ermittelt, wie viele Betroffene bereit sind, den Klageweg zu gehen. Abgewickelt werden könnte die Auseinandersetzung über einen Prozesskostenfinanzierer, der einen Teil der erstrittenen Summe allerdings einbehalten würde, sofern die Klage Erfolg hat. Unterstützung für die Massenklagenkampagne kommt derweil von der hochschulpolitischen Sprecherin der Linksfraktion. Bei der Rückzahlung gehe es »ums Prinzip«, erklärte Isabelle Vandre am Freitag. Die Klagen seien »die letzte Möglichkeit, um das Rückzahlungsrecht in Anspruch nehmen zu können«.

Jonathan Wiegers glaubt, dass genau das auch gelingen wird: »Auf jeden Fall sind wir sehr optimistisch.«

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