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Selbstbestimmung bis zum Schluss

Der Deutsche Ethikrat debattiert den assistierten Suizid und rechtliche Regelungen dazu

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Deutsche Ethikrat beriet am Donnerstag zum Thema Suizidassistenz. Zwar hatte der Bundestag vor fünf Jahren organisierte Hilfe beim Suizid etwa durch Sterbehilfevereine eigentlich verboten. Aber das Bundesverfassungsgericht hatte im Gegensatz dazu mit einem Urteil im Februar den Weg zu einer liberalen Regelung des Themas freigemacht, ausgehend von der Position, dass ein solches Verbot das Selbstbestimmungsrecht unzulässig einschränke.

Selbstbestimmtes Sterben ist demnach nun erlaubt. Das Recht darauf, so hieß es bei der Urteilsverkündung, schließt das Recht ein, hierfür bei Dritten Hilfe zu ersuchen und diese auch in Anspruch zu nehmen, wenn sie angeboten wird. Das Recht ist nach dem Urteil auch nicht auf bestimmte Lebensphasen begrenzt, etwa auf ein hohes Lebensalter, ebenso wenig auf eine schwere Erkrankung.

Unter anderem zur Regelung dieser Frage müssen jetzt neue Gesetze erlassen werden. Dazu ist eine erneute Diskussion in der Gesellschaft nötig, findet der Ethikrat. Das Gremium aus unabhängigen Sachverständigen, das alle vier Jahre vom Bundespräsidenten berufen wird, will dazu einen Beitrag leisten.

In Vorträgen wurden am Donnerstag dann von den Mitgliedern des Rates medizinische, ethische, philosophische, religiöse und juristische Aspekte des Themas erörtert. Ein Gesetzesvorschlag zur Suizidassistenz liegt bis jetzt noch nicht vor. Ärzte, die bisher Suizidwillige unterstützten, befürchten, dass die Politik den Prozess möglichst lange hinauszögern werden.

Zu regeln wäre auch, wie sicher gestellt werden kann, dass ein Selbsttötungsentschluss letztlich in freier Verantwortung erfolgen kann. Dazu muss dieser Entschluss unter anderem von dauerhafter Natur sein und nicht nur vorübergehend, er muss wohlerwogen sein und auf guter Informiertheit beruhen. Das Verfassungsgericht hatte dazu unter anderem vorgeschlagen, Beratungsmöglichkeiten zu schaffen und Fristen einzuführen. Eine solche Beratung, so hieß es in der Debatte des Ethikrates, könnte dazu ermutigen, mit der jeweiligen Grenzsituation auch »nichtsuizidal« umzugehen. Erst in einer solchen Auseinandersetzung würde sich die Ernsthaftigkeit der Entscheidung erweisen.

Ein Gesetz muss ebenfalls festlegen, unter welchen Bedingungen ein Entschluss zum Suizid nicht zu akzeptieren ist, Hilfe also dann auch nicht geleistet werden darf. Das würde etwa bei bestimmten psychischen Erkrankungen der Fall sein. In der Debatte verwies der Gerontologe Andreas Kruse auf die Situation Älterer und von Menschen in Notlagen. Damit schnitt er das Problem an, dass Menschen nur bedingt frei entscheiden können, weil sie immer äußeren Einflüssen ausgesetzt sind. Kritisch wird das, wenn zum Beispiel Pflege nur mangelhaft erfolgt. Individuen könnten sich angesichts eines solchen Systemversagens durch einen Suizid in Sicherheit bringen wollen, hieß es zu diesem Thema in der Debatte. In diesem Zusammenhang standen auch gesellschaftlicher oder familiärer Druck oder steigende Kosten im Gesundheitswesen als Auslöser von Suizidwünschen in der Kritik.

Die Diskussion wird vom Ethikrat nur als Auftakt einer Debatte gesehen. Am 17. Dezember ist demnach eine weitere Sitzung, diesmal noch mit zusätzlichen Experten, geplant.

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