Kommandowechsel mit Einhörnern

Transgender-Offizier Anastasia Biefang nach Bonn versetzt

  • Andreas Fritsche, Storkow
  • Lesedauer: 3 Min.

»Informationstechnikbataillon drei-acht-eins hört zum letzten Mal auf mein Kommando!«, brüllt Oberstleutnant Anastasia Biefang am Dienstag über den Appellplatz der Kurmarkkaserne in Storkow (Oder-Spree). »Stillgestanden!« Dann übergibt sie die Truppenfahne an Brigadegeneral Dietmar Mosmann, der sie weiterreicht an Oberstleutnant Marc Tachlinski, den neuen Kommandeur des Bataillons. Die Kommandoübergabe, in der Regel alle drei Jahre fällig, ist für das Bataillon etwas Besonderes. Im Maßstab der gesamten Truppe würde sie nicht herausstechen - wenn Biefang nicht die erste Transgender-Kommandeurin der Bundeswehr wäre (»nd« berichtete). Noch vor zwei Jahrzehnten hätte schon offen gelebte Homosexualität eine Karriere bei der Truppe verstellt, und erst recht wäre das nach einer Geschlechtsangleichung so gewesen. Aber in dieser Hinsicht hat sich etwas verändert.

Doch davon war bei dem militärischen Zeremoniell keine Rede, zumindest nicht direkt. »Ich fühlte mich von Ihnen stets anerkannt und respektiert«, sagte Biefang ihren Soldaten zum Abschied. »Mit Offenheit, voller Tatkraft« sei man ihr hier in Storkow vom ersten Tag an begegnet - es war der 18. Oktober 2017. In ihren 26 Dienstjahren sei sie noch in keiner anderen Verwendung den Soldaten so tief verbunden gewesen, schon früh beim Aufstehen bis abends bei der Heimfahrt sei sie mit ihren Gedanken beim Bataillon gewesen. Ihrer Frau versprach Biefang, in den kommenden 18 oder mehr Dienstjahren mehr Zeit für sie zu haben. Zunächst wechselt Biefang als Abteilungsleiterin zum Kommando Cyber- und Informationsraum nach Bonn.

Die Partnerin, die Biefang 2018 auf der Burg Storkow geheiratet hatte, war bei dem Zeremoniell in der Kaserne ebenfalls anwesend. Viele andere Gäste - rund 100 hatten zugesagt - mussten wegen der Coronakrise wieder ausgeladen werden. Nur Wenige waren noch zugelassen, darunter ein US-Militär und Bürgermeisterin Cornelia Schulze-Ludwig (SPD). »Wir werden auf jeden Fall in Kontakt bleiben. Anastasia Biefang ist eine wunderbare Person«, schwärmte die Bürgermeisterin. Einen Tag lang hatte sei einmal mit Biefang den Job getauscht. Das hatte es nach Kenntnis von Brigadegeneral Mosmann vorher bundesweit noch nie gegeben. Premiere war auch, dass eine Frau ein Informationstechnikbataillon befehligte.

Alles andere lief wie gehabt, auch am Dienstag. Das Heeresmusikkorps intonierte schmissige Märsche und zuletzt die Nationalhymne. Befehle wie »Augen geradeaus!« erschallten, es wurden Gewehre präsentiert, es wurde salutiert. Lediglich eine Spur weniger zackig als die anderen Uniformierten bewegte sich Biefang über den Appellplatz. Aus dem Rahmen fiel aber zum Schluss eine Überraschung des Bataillons. Ein Militärlaster war mit zwei aus Holz gefertigten Einhörnern ausstaffiert. Frau Oberstleutnant hat ein Faible für das beliebte Symbolbild der queeren Szene. Sie wurde überredet, auf die Ladefläche zu steigen und an den angetretenen Kompanien vorüber und kreuz und quer durch die Kaserne zu fahren, wobei sie sich sichtlich amüsierte. Alle mussten lachen. Aber es hatte auch einen ernsten Hintergrund: Ein Stofftier-Einhorn mit pinkfarbener Mähne begleitete Biefang bei ihrem Auslandseinsatz in Afghanistan - in die brutale Realität.

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