Auf Trumpelpfad

Friedrich Merz folgt dem Stil des US-Präsidenten, meint Uwe Kalbe

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.

Friedrich Merz wird dem US-Präsidenten immer ähnlicher. Nicht gerade, was die Frisur angeht, aber ganz wie Donald Trump sucht Merz in den aktuellen Widrigkeiten, die sein Fortkommen behindern, einen persönlichen Gegner zur Erklärung. Und danach Beifall für diese Polarisierung. Der Wahlparteitag, aus dem er als Sieger im Kampf um den Parteivorsitz hervorzugehen gedenkt, sei allein aus machtpolitischen Gründen verschoben worden, verbreitet Merz ungeniert und wenig souverän seine Ansichten über das »Establishment« seiner Partei.

Zu dem scheint er sich nicht zu zählen - was ähnlich irritiert, wie wenn Trump dem Establishment der USA den Kampf ansagt. Es mag in den Überlegungen der Kontrahenten schon eine Rolle spielen, wenn die Umfragewerte gerade nicht zu ihren Gunsten stehen und ob sich das zu einem anderen Zeitpunkt geändert haben könnte - wer ist schon vor der Mathematik gefeit. Aber falls auch politischer Stil zu den Kriterien gezählt werden muss, die ein potenzieller Kanzlerkandidat der Union aufzuweisen haben sollte, dann erweist Merz sich mit seinem Rumpeln im Porzellanladen einen Bärendienst. Und das selbst dann, wenn alle Vorwürfe zuträfen, die er erhebt.

Merz kann die coronabedingten Gefahren um einen solchen Parteitag ja nicht negieren, wenn er keinen zusätzlichen Zweifel zumindest an seiner Verantwortlichkeit wecken will. Dass er die eigenen Machtambitionen höher bewertet als diese Gefahren, daraus macht er kein Hehl, auch wenn er gerade das der Gegenseite vorwirft. Noch so ein typischer Trumpismus: Die eigenen Befindlichkeiten weit oben in die Prioritäten der Allgemeinheit einzuordnen und sie als die Interessen aller auszugeben. Die Herrschaftseliten, wie man den Begriff des Establishments übersetzen könnte, beziehen aus dieser Technik einen Gutteil ihrer Macht. Aber wenigstens wahren sie dabei in aller Regel die Form. Merz nicht.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.