- Politik
- Islamistischer Terror in Frankreich
Weltweit viele Solidaritätsbekundungen nach Messerattacke in Nizza
Tunesien leitet Ermittlungen gegen mutmaßlichen Attentäter ein / Auch Reaktionen aus islamischen Staaten
Tunis. Der Messerangriff mit drei Toten in einer Kirche im südfranzösischen Nizza hat international Entsetzen hervorgerufen. Italiens Regierungschef Giuseppe Conte bezeichnete die Tat im Online-Dienst Twitter als »abscheulichen Angriff«. Zudem erreichten Frankreich zahlreiche Solidaritätsbekundungen auch aus muslimischen Ländern. Die tunesische Staatsanwaltschaft teilte derweil mit, sie habe angesichts von Berichten, wonach es sich bei dem Attentäter um einen Tunesier gehandelt habe, eine Untersuchung eingeleitet. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte die tödliche Attacke als »islamistischen Terroranschlag« bezeichnet.
Der Angreifer war der Polizei zufolge am Donnerstag gegen neun Uhr morgens in die katholische Basilika Notre-Dame im belebten Zentrum von Nizza eingedrungen. Dort tötete der mutmaßliche Islamist einen 55-jährigen Küster und eine 60-jährige Frau mit einem Messer, das laut den Behörden 30 Zentimeter lang ist. Eine weitere Frau konnte zunächst in eine Bar flüchten, wo sie jedoch ihren Verletzungen erlag.
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Sie sei brasilianische Staatsbürgerin teilte das brasilianische Außenministerium mit. Die Mutter von drei Kindern lebte demnach in Frankreich. »Sagen sie meinen Kindern, dass ich sie liebe«, konnte sie laut dem französischen Fernsehsender BFM vor ihrem Tod noch sagen.
»Die Menschen starben schlicht aus dem Grund, dass sie sich zu dem Zeitpunkt in der Kirche befanden«, sagte am Donnerstag der Anti-Terror-Staatsanwaltschaft Jean-François Ricard. Ihm zufolge verletzte der Täter die getötete 60-Jährige derart stark an der Kehle, dass sie praktisch enthauptet worden sei. Der Angreifer habe noch zwei weitere Messer in einer Tasche gehabt, die die Ermittler vor Ort fanden.
Ricard bewertete die Messerattacke auf einer Pressekonferenz auch als Erinnerung daran, dass die »tödliche Ideologie des islamistischen Terrors noch sehr wohl existiert«.
Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich nach Angaben der Ermittler um einen 21-jährigen Tunesier namens Brahim Aouissaoui. Er soll nach Angaben von Behördenkreisen Ende September über die italienische Insel Lampedusa in die EU gelangt und anschließend nach Frankreich gekommen sein. Asyl habe er in Frankreich nicht beantragt. Laut Nizzas Bürgermeister Christian Estrosi rief der Angreifer mehrfach »Allahu Akbar« (Gott ist groß), bevor ihn die Polizei mit Schüssen verletzte und festnahm.
Die tunesische Regierung verurteilte den Angriff und erklärte, solidarisch an der Seite der französischen Regierung und Bevölkerung zu stehen. Der tunesische Staatsanwalt Mohsen Dali sagte der Nachrichtenagentur AFP, es würden Ermittlungen wegen des Verdachts eingeleitet, »dass ein Tunesier einen Terrorakt außerhalb des Landes verübt« habe.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) äußerte sich »tief erschüttert über die grausamen Morde«. Alle EU-Staats- und Regierungschefs verurteilten die Gewalttat. Sie stünden »geeint und fest« in ihrer Solidarität mit Frankreich und im gemeinsamen Kampf gegen »Terrorismus und gewaltsamen Extremismus«, betonten sie in einer gemeinsamen Erklärung.
Auch außerhalb der EU rief der Angriff Entsetzen hervor. Die Türkei verurteilte die Messerattacke als »grausamen« Angriff und drückte ihre »Solidarität« aus. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte Macron noch zu Wochenbeginn beschuldigt, eine »Hasskampagne« gegen den Islam zu führen.
Auch der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif verurteilte »den heutigen Terroranschlag in Nizza« auf das »Schärfste«. Der designierte libanesische Regierungschef Saad Hariri sagte: »Alle Muslime sind aufgerufen, diese kriminelle Handlung, die nichts mit dem Islam oder dem Propheten zu tun hat, abzulehnen.« Marokko rief dazu auf, »das angespannte Klima rund um die Religion zu überwinden«. AFP/nd
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