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- Corona in Berlin
Solidarität statt Kapitallogik
Marie Frank über die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung von Rot-Rot-Grün
In der Krise zeigt sich oft das wahre Gesicht der Menschen. Gleiches gilt auch für Politiker*innen, die trotz des häufig gegenteiligen Anscheins ebenfalls zu dieser Gattung zu zählen sind. Und das Gesicht, das das Berliner Mitte-links-Bündnis in der Corona-Pandemie bisher zeigt, ist in großen Teilen weder besonders links, noch besonders sozialdemokratisch und auch nicht besonders ökologisch. Stattdessen wird hier und da ein kleines Feuer gelöscht, aber die dahinter stehenden Dynamiken des immer rauer werdenden Krisen-Neoliberalismus und seiner Klassengesellschaft werden nicht angerührt, sondern eher noch verstärkt.
Wenn man sich anschaut, was ab diesem Montag auf uns zukommt, dann zeigt sich, dass die Priorität allein auf Lohnarbeit und Konsum liegt. Um weiterhin ausgebeutet werden zu dürfen, soll man seine Gesundheit ruhig aufs Spiel setzen, aber bitte nicht für das eigene Wohlergehen oder das der anderen! Und wer ein bisschen Spaß haben will, kann ja immer noch shoppen gehen. Was erlaubt und was verboten ist, ist schon lange nicht mehr nur mit gesundheitspolitischen Argumenten zu rechtfertigen, oder warum bitte darf man in die East Side Mall, aber nicht in die Alte Nationalgalerie?
Hier geht es allein ums Geld, da hat die Kultur eben das Nachsehen. Dabei sollte linke Politik die Krise nutzen, um Prioritäten abseits von Verwertungsinteressen und Kapitallogik zu setzen. Die Soforthilfen, die im Gegensatz zu den Bundesmitteln auch für die eigenen Lebenserhaltungskosten genutzt werden konnten, waren ein guter Anfang. Das ganze komplizierte Antragsprozedere kann man sich allerdings auch sparen, am besten wäre es, allen Menschen unterhalb einer bestimmten Vermögensgrenze einfach Geld zu geben. Und zwar bedingungslos, dann haben sie während des Lockdowns wenigstens eine erträglichere Zeit, in der sie nicht um ihre Existenz bangen müssen.
Sozial wäre es auch, Zwangsräumungen auszusetzen und Obdachlose nicht wie am vergangenen Donnerstag zu räumen, sondern spekulativen Leerstand zu enteignen und Wohnungslosen und Geflüchteten aus Sammelunterkünften zur Verfügung zu stellen. Es gibt vieles, was jetzt getan werden könnte, um zu beweisen, dass eben nicht im Fall der Fälle das Kapital siegt, egal, wer da eigentlich an der Macht sitzt. Oder etwa doch?
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