Paralleles Starten und Landen am BER
Mit einem Flug der Qatar Airways geht die Südbahn des Hauptstadtflughafens in Betrieb - damit läuft der 180-Tage-Countdown für Tegel
Was am vergangenen Samstag bei der Inbetriebnahme wegen misslicher Witterungsbedingungen noch unterbleiben musste, soll künftig den Flugalltag am Willy-Brandt-Flughafen bestimmen: das parallele Starten und Landen auf zwei voneinander unabhängigen Start- und Landebahnen. Am Mittwoch ist am BER die neugebaute Südbahn in Betrieb genommen worden. Mit ihren 4000 Metern Länge und 60 Metern Breite ergänzt sie die bereits verlängerte Nordbahn, die zum alten Flughafen Berlin-Schönefeld gehörte.
Eingeweiht wurde die südliche Start- und Landebahn mit der Landung einer ersten regulär eintreffenden Passagiermaschine der Qatar Airways, einer hochmodernen Airbus A350-900. Mit der Landung von Flug QR81 aus Doha ist der Airport nun auch genehmigungsrechtlich vollständig in Betrieb genommen. Damit tritt zugleich die Nachtflugregelung am BER in Kraft, die reguläre Linienflüge in der Zeit von 0 bis 5 Uhr ausschließt und in den Tagesrandzeiten von 22 bis 24 Uhr sowie von 5 bis 6 Uhr nur ein behördlich festge᠆legtes Kontingent von Flügen ermöglicht.
Unwiderruflich beginne damit auch die 180-Tage-Frist für die endgültige Schließung des Flughafens Tegel, teilte die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) mit. Mit der Einstellung des Flugbetriebs am 8. November wird Tegel ein halbes Jahr lang betriebsbereit bleiben. Am 4. Mai 2021 erlischt die Flughafenlizenz endgültig.
»Mit der Inbetriebnahme der südlichen Start- und Landebahn nimmt der Flughafen Berlin Brandenburg Willy Brandt seinen vollständigen Regelbetrieb auf«, erklärte Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup virtuellen Pressekonferenz. »Mit Blick auf den Ausbau des interkontinentalen Netzwerks kommt der Inbetriebnahme der Südbahn eine besondere Bedeutung zu, denn wir haben neben einem neuen Terminal nun auch die passenden Flugbetriebsflächen, um Langstreckenverbindungen in größerem Umfang willkommen zu heißen«, betonte er.
Die Vergabe des Eröffnungsfluges an die Qatar Airways stellt so etwas wie eine Verbeugung der FBB vor einem geschätzten treuen Kunden und vor allem auch einem der großen Player im interkontinentalen Flugverkehr dar. Der online zugeschaltete Chef der Fluggesellschaft, Akbar Al Baker, erinnerte denn auch daran, dass Qatar Airways bereits seit 15 Jahren am Standort Berlin aktiv ist. »Die Tatsache, dass wir als erster Langstreckenflug auf der Südbahn landen, zeigt die Bedeutung Berlins und Deutschlands innerhalb des Qatar-Airways-Netzes«, sagte er.
Mit Qatar Airways flogen 2019 in Berlin 220 000 Passagiere, selbst in Corona-Zeiten seien es bislang 100 000 Fluggäste und ein wachsender Frachtanteil, wie Lütke Daldrup berichtete. Aus Sicht des BER-Chefs garantiert Qatar, die zurzeit siebenmal pro Woche deutsche Flughäfen - neben Berlin auch Frankfurt am Main und München - anfliegt, dem BER eine stabile Anbindung an das internationale Luftdrehkreuz Doha mit seinen 170 Destinationen in alle Welt. Mit Blick auf die ehrgeizigen Vorhaben des neuen Hauptstadtflughafens für die Zeit nach Corona unterstrich Lütke Daldrup erneut die Notwendigkeit, mehr Langstreckenflüge am BER anzubieten. »Wir haben endlich einen Airport nach internationalen Standards«, sagte er nach der Begrüßung der Qatar-Maschine. Neben den existierenden Langstreckenverbindungen unter anderem in die USA, nach Singapur, China und Iran verspreche er sich weitere Optionen. »Das ist auf der einen Seite eine Aufgabe, die der Flughafen wahrnehmen muss.« Gleichzeitig brauche es aber auch Unterstützung seitens der Politik. »Der Flughafen wird eine wichtige Basis bieten für die Zeit nach der Pandemie«, so Lütke Daldrup.
Auf mehr Interkontinentalflüge in Zukunft am Standort hofft auch Burkhard Kieker, Geschäftsführer der Tourismusmarketinggesellschaft visit Berlin. »Gemeinsam mit dem Flughafen haben wir eine Langstrecken-Initiative gegründet«, sagte er. Mit dabei seien unter anderem der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Industrie und Handelskammer. Berlin sei schon jetzt eine internationale Drehscheibe für Kongresse, Messen und die Wissenschaft. »Der BER bietet hervorragende Vorrausetzungen für die Entwicklung von Interkontinental-Anbindungen nach Berlin und Ostdeutschland«, so Kieker. Dabei werde das Zusammenspiel von Billigfluggesellschaften mit Langstreckenanbietern zukünftig eine größere Rolle spielen als die traditionellen Airline-Allianzen. Mit Hilfe von Digitalisierung werde hier am BER ein Hub, eine Flugdrehscheibe neuer Ordnung, geschaffen. Das unterstütze visit Berlin ausdrücklich.
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