Bundesregierung arglos bei Geheimdienstinvestition

Das Dresdener Unternehmen Morpheus Space zählt zu CIA-Investments

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Bundesregierung weiß von nichts, es sei denn, es steht bereits in der Presse. Das ist der Kern der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag zu einem heiklen Investment des US-Geheimdienstes CIA.

Im Sommer wurde durch Recherchen der Wirtschaftswoche öffentlich, dass das bekannte CIA-Unternehmen In-Q-Tel bei dem ostdeutschen Unternehmen Morpheus Space investiert. Das Dresdner Start-Up entwickelt Ionenantriebe für Satelliten. Die CIA ist mehr, als nur interessiert. Der von Mopheus Space entwickelte Ionenantrieb für Satelliten dürfte die Spionagekapazitäten der CIA weiter erhöhen. Dieser Antrieb gilt als einer der kleinsten der Welt und ermöglicht Satelliten im Orbit gezielter zu steuern. Vordergründig, um Weltraumschrott ausweichen zu können. Der Zusatznutzen ist aber klar erkennbar: Je kleiner und je besser manövrierbar, desto effektiver kann der Einsatz als Spionagesatellit erfolgen.

In-Q-Tel ist ein offenes Geheimnis des us-amerikanischen Spionagesektors. 1999 gegründet pumpt die CIA Kapital in aussichtsreiche Unternehmen, die vielversprechende Konzepte entwickeln. Das können einerseits Prognose-Softwares sein, die geopolitische Krisen anhand von Presseberichten voraussagen können. Vergleichbare Algorithmen kommen auch beim In-Q-Tel-Investment Palantir zum Einsatz, das zu Beginn der Corona-Pandemie auch in Deutschland an der Corona-WarnApp mitwirken wollte. Palantir ist nicht nur bei deutschen Sicherheitsbehörden im Einsatz, sondern wird auch bei Banken für die Verwaltung von spekulationsintensiven Hedgefonds verwendet.

Die Bundesregierung sieht in dem Engagement von dem CIA-Unternehmen in Deutschland kein großes Problem. »Die Antworten auf meine parlamentarische Anfrage bezeugen ein erschreckendes Ausmaß an Inkompetenz und Untätigkeit der Bundesregierung«, sagt André Hahn von der Linksfraktion, der im Parlamentarischen Kontrollgremium die Arbeit der Geheimdienste überwacht. Die dünne Kenntnislage bei Bundesregierung und Verfassungsschutz verwundert. »Das Bundesamt für Verfassungsschutz nimmt grundsätzlich gerne Hinweise zu Wirtschaftsspionageaktivitäten zum Zwecke des illegalen Wissens- und Technologietransfers fremder Staaten entgegen«, sagte Hahn dem »nd«.

In-Q-Tel ist nun auch wahrlich kein Unbekannter. Das Unternehmen war auch in Wikileaks-Veröffentlichungen ein Thema. Nachdem aus dem US-Unternehmen Stratfor E-Mails aus den Jahren 2004 bis 2011 abgeflossen waren, veröffentlichte Wikileaks Ende Februar 2012 die »Global Intelligence Files« und deckte damit auch viele zivile Unternehmen auf, die für US-Geheimdienste Datenauswertungen im Internet betreiben. Brisant: Stratfor, das in großem Umfang für die Sicherheitsdienste Informationen sammelt, zusammenführt und bewertet, war seinerzeit digital unzureichend gesichert. Hacker, die sich dem Anonymous-Kollektiv zurechnen, hatten Zugang zu unverschlüsselten Kundendaten des Unternehmens und belegten auch illegale Überweisungen.

Dass die Bundesregierung bei In-Q-Tel wenig Gefährdungspotenzial sieht zeugt von einem gefährlichen Optimismus. Immer wieder halten US-Entwicklungen aus dem Sicherheitssektor auch Einzug in die deutsche Sicherheitsarchitektur. US-Programme, wie XKEYSCORE, mit denen der Internetverkehr überwacht werden kann, werden von BND und Verfassungsschutz genutzt. Großzügig darf das allerdings nicht genannt werden, denn die Eigeninteressen der USA dürften in diesem Bereich deutlich überwiegen.

»Ich habe im Rahmen des NSA-Untersuchungsausschuss schon vieles erlebt«, kritisiert Hahn. »Damals hieß es aus dem Munde der Kanzlerin: 'Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht!' Ein 360-Grad-Blick wurde verordnet, mit dem auch die Tätigkeiten der Geheimdienste verbündeter Staaten in Deutschland in den Blick genommen werden sollten. Tatsächlich geschehen ist nahezu nichts.«

Die Arglosigkeit der Regierungspolitiker schlägt sich auch im finanziellen Bereich nieder. Zwischen Mai 2018 und August 2020 erhielt das Start-Up Morpheus rund eine Millionen Euro aus dem EXIST-Förderprogramm. Auch flossen Gelder aus dem sächsischen Landeshaushalt. Neben 9.000 Euro aus dem Corona-Soforthilfeprogramm landeten auch 20.000 Euro an Preisgeldern des sächsischen Gründerpreises in den Jahren 2019 und 2020 im Unternehmen Morpheus.

»Dass ein CIA-Unternehmen auch noch mit deutschen Steuergeldern gefördert wird, schlägt dem Fass wirklich den Boden aus. Dieser absurde Vorgang muss sofort beendet werden«, fordert Hahn.

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