Hartz-IV-Sätze realitätsfern und zu niedrig

Verbände und Oppositionsparteien kritisieren armutspolitisches Versagen der Bundesregierung

  • Ulrike Henning
  • Lesedauer: 2 Min.

Am frühen Donnerstagabend wollte der Bundestag über die Anpassung der Regelsätze in der Grundsicherung beraten. Das Ergebnis lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor. Zuvor hatte der Paritätische Wohlfahrtsverband eindringlich an die Abgeordneten appelliert, dem vorliegenden Gesetzesentwurf nicht zu folgen und stattdessen endlich eine bedarfsgerechte Anhebung der Regelsätze zu beschließen. Die geplante Erhöhung um 14 Euro für alleinstehende Erwachsene zum 1. Januar 2021, und auch die noch einmal deutlich geringeren Beträge für Kinder und Jugendliche seien realitätsfern, nicht bedarfsgerecht und viel zu niedrig. Die ständige Fortschreibung der Fehler und Schwächen bei der Berechnung des Regelbedarfs wird schon seit langem kritisiert. Die Paritätische Forschungsstelle berechnete einen armutsfesten Regelsatz von 644 Euro für allein lebende Erwachsene, mit der jetzt vorgesehenen Anhebung würden diese aber nur auf 446 Euro kommen. Das wäre für das soziokulturelle Existenzminimum bei weitem nicht ausreichend, wie auch andere Sozialverbände sowie die Bundestagsfraktionen der Linken und von Bündnis90/Die Grünen monieren.

Aber nicht allein die Regelsätze bleiben vermutlich weiterhin zu niedrig, es gibt auch immer noch Sanktionen gegen die Hartz-IV-Bezieher, wenn sie sich nicht kooperativ genug verhalten. Eigentlich sollten diese finanziellen Kürzungen der schon sehr niedrigen Leistungen seit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vor genau einem Jahr gesetzlich eingehegt werden. Die Umsetzung des Urteils bleibt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) bis heute schuldig, laut seinem Ministerium müssten Vorschläge dazu abgewartet werden.

Seit dem Urteil wurde die alte Sanktionspraxis zwar entschärft, aber eben nur auf Zuruf - per Weisung des Arbeitsministeriums und der Bundesagentur für Arbeit. Monatliche Leistungen können von den Jobcentern immer noch bis zu 30 Prozent gekürzt werden. Dass in den vergangenen Monaten weniger sanktioniert wurde, hat eher mit der Corona-Pandemie zu tun als mit einem tatsächlichen Sinneswandel in den beteiligten Institutionen. Deshalb fordern Grüne, FDP und DGB die gesetzliche Festschreibung entsprechend dem Urteil von Karlsruhe - mit Abstufungen, denn die FDP will Sanktionen durchaus erhalten. Allein die Linke spricht sich für eine gänzliche Abschaffung der Sanktionen gegen Hartz-IV-Bezieher aus.

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