Linke weist Pläne für Schattenhaushalt zurück

Landtagsfraktion der Oppositionspartei sieht in kreditfinanziertem Sondervermögen für 2021 bis 2023 eine Mogelpackung

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 4 Min.

Mit scharfer Kritik hat sich die Linksfraktion im Brandenburger Landtag gegen die von der rot-schwarz-grünen Landesregierung vorgesehene Neuverschuldung im Zuge der Aufstellung des Haushaltsplanes für 2021 gewandt. Vor der Presse in Potsdam kritisierte der finanzpolitische Fraktionssprecher Ronny Kretschmer am Donnerstag die Absicht der Landesregierung, für das in ihrem Haushaltsentwurf für zunächst drei Jahre vorgesehene Sondervermögen zur Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie einen weiteren Kredit in Höhe von 1,6 Milliarden Euro aufzunehmen. Die vor einem Jahr gebildete Regierung hat bereits zwei Sondervermögen mit Krediten in Höhe von einer Milliarde Euro für einen Zukunftsinvestitionsfonds und für den ersten Corona-Rettungsschirm in Höhe von weiteren zwei Milliarden Euro aufgestellt.

Sebastian Walter, einer der beiden Fraktionschefs der Linken, erläuterte: »Wir befinden uns zurzeit in der Aufstellung eines Haushalts, der so groß ist und der so viel Geld für eine Landesregierung zur Verfügung stellt wie nie zuvor seit 1990. Es geht hier um 15 Milliarden Euro.« Die Landesregierung verfüge damit gerade in Krisenzeiten über mehr Geld denn je. Die Linke lehne Kredite nicht grundsätzlich ab, allerdings stehe für sie im Vordergrund, wofür das Geld ausgegeben werde und wer das Ganze kontrolliere. Von einem Sozialstaatsversprechen, wie noch unter Rot-Rot, sei heute ebenso wenig die Rede wie von eigenen Sparbemühungen. »Wir haben von Anfang geäußert, dass wir ein Problem haben mit der Haushaltsaufstellung und auch mit einigen Regelungen, die die Landesregierung in diesem Prozess zu implementieren versucht«, sagte Walter.

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Annahme einer Notlage bis 2023 unseriös

Hauptkritikpunkt der Linken sei die Mehrjährigkeit für die Erklärung der Notlage - im jetzigen Haushaltsentwurf vorgesehen bis 2023. Dies widerspreche den für die Haushaltsaufstellung geltenden Grundsätzen der Jährlichkeit und Fälligkeit sowie der Haushaltswahrheit und -klarheit, betonte Walter. Die Linksfraktion hatte daher bereits Ende September in einem Änderungsantrag verlangt, das Fortbestehen der Notlage zunächst lediglich für 2021 festzustellen und dafür einen Kredit von knapp 700 000 Euro aufzunehmen. »Für uns ist nicht erkennbar, dass man jetzt schon voraussagen kann, ob die Notlage überhaupt in den Jahren 2022 oder 2023 tatsächlich bestehen kann. Daher lehnen wir die Mehrjährigkeit ab«, erklärte der Fraktionschef. Der Notbedarf an knapp einer Million Euro für 2022 und 2023 sei nicht belegt. Auf Kritik stößt auch die Schaffung eines weiteren Sondervermögens. Die Landesregierung strebt die Errichtung eines Sondervermögens »Brandenburgs Stärken für die Zukunft sichern« per Gesetz an. Allein dieses Sondervermögen würde zehn Prozent des gesamten Haushaltsvolumens ausmachen, so Walter.

Aus Sicht der Linken solle hier offenbar ein Schattenhaushalt, eine Art »Goldtopf« nicht etwa zur Lösung der tatsächlichen Herausforderungen, sondern zur Finanzierung von Koalitionsprojekten geschaffen werden. Das sei nicht akzeptabel, denn am Ende führe das zu einem verfassungsrechtlich bedenklichen Haushalt. »Die Menschen haben bei diesen Haushaltssummen auch im Land Brandenburg ein Recht darauf, zu wissen, wofür das Geld ausgegeben wird. Sie haben das Recht, auch parlamentarische Kontrolle zu verlangen«, betonte der Linksfraktionschef. Regierung und Koalition hätten die Pflicht, dafür zu sorgen.

Die Bedenken der brandenburgischen Linken hinsichtlich der Bildung von Sondervermögen teilt auch der Verfassungsrechtler Michael Kilian, Professor an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Richter a.D. am Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt. In einem von der Linksfraktion in Auftrag gegebenen Gutachten verweist er auf die Gefahr, dass Sondervermögen große Teile des Haushalts der parlamentarischen Kontrolle entziehen. Die Einheit des Haushalts, dass nämlich das Parlament der zentrale Entscheider über das gesamte Geldvolumen eines Landes ist, sei verfassungsrechtlich eine große Errungenschaft des 19. Jahrhunderts. »Diese Entscheidung wird durch Sondervermögen verwässert, abgespalten und undurchsichtig gemacht«, erklärte er.

Landtag gibt Budgethoheit preis

Die Bildung von Sondervermögen, die gerade auch im Osten zunehme, gehe zulasten der Transparenz. Die Verfassung sehe in Sondervermögen auch nur einen zeitlich eng begrenzten Ausnahmefall für wenige, klar umrissene Aufgaben. Im Fall von Brandenburg würden nur sehr plakative Aufgaben auf das Sondervermögen und damit auf das Finanzministerium verlagert. »Das heißt, der Landtag verliert in wesentlichen Bereichen seiner Haushaltsprogrammfunktion an Einfluss zulasten seiner Budgethoheit und zugunsten der Exekutive«, so Kilian.

Gerade dass Rot-Schwarz-Grün die Verwendung des Sondervermögens nicht exakt definiere, mache es »völlig intransparent für den Haushaltsgesetzgeber«, den Landtag, schätzte Fraktionssprecher Kretschmer ein.

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