• Politik
  • Polizeigewalt in Frankreich

Mehr als 100.000 Teilnehmer bei Protesten in Frankreich

Reporter ohne Grenzen (RSF) kritisierte die Polizei für die »inakzeptable« Gewalt

  • Lesedauer: 3 Min.

Paris. Mehrere hunderttausend Menschen haben in Frankreich an den landesweiten Demonstrationen gegen Polizeigewalt und für die Pressefreiheit teilgenommen. Laut dem französischen Innenministerium gingen am Samstag 133.000 Menschen in rund hundert Städten auf die Straße. Nach Angaben der Organisatoren hingegen nahmen alleine in Paris 200.000 Menschen an den Protesten teil. Dutzende Menschen wurden bei Ausschreitungen verletzt.

Die Polizei setzte Tränengas gegen Demonstranten ein, die Barrikaden errichteten und Steine auf die Sicherheitskräfte warfen. Am Bastille-Platz steckten Demonstranten einen Zeitungskiosk, den Eingang eines Gebäudes der französischen Zentralbank und eine benachbarte Brasserie in Brand. In der Umgebung brannten auch mehrere Autos.

Ein Fotograf, der unter anderem für die Nachrichtenagentur AFP arbeitet, wurde bei einem Polizeieinsatz in Paris zusammen mit mehreren Demonstranten verletzt, wie ein AFP-Journalist berichtete. Reporter ohne Grenzen (RSF) kritisierte die Polizei für die »inakzeptable« Gewalt. Der Fotograf sei mit einem Schlagstock im Gesicht verletzt worden, erklärte RSF-Generalsekretär Christophe Deloire auf Twitter. Zu Ausschreitungen kam es auch in der nordwestfranzösischen Stadt Rennes.

Wie das Innenministerium mitteilte, wurden bei den Protesten landesweit 37 Beamte verletzt, 23 von ihnen in der Hauptstadt. Die Polizei nahm in Paris und in der Region 46 Demonstranten fest. Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin verurteilte die Angriffe auf Polizisten bei den Kundgebungen. Diese seien »inakzeptabel«, schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter.

Auch in Städten wie Straßburg, Bordeaux, Lyon, Marseille, Lille, Nantes und Montpellier gingen tausende Menschen auf die Straße. Sie protestierten gegen ein geplantes Gesetz, mit dem die französische Regierung bestimmte Foto- oder Filmaufnahmen von Polizisten unter Strafe stellen will, durch die einzelne Polizisten in die Kritik geraten könnten. Journalistenverbände befürchten eine massive Einschränkung der Pressefreiheit.

Angefacht wurden die Proteste von zwei neuen Fällen von Polizeigewalt, die in dieser Woche durch Videoaufnahmen bekannt geworden waren und landesweit für Entsetzen gesorgt hatten.

Präsident Emmanuel Macron zeigt sich am Freitag »schockiert« über Aufnahmen von Polizisten, die einen Schwarzen Musikproduzenten in seinem Pariser Studio zusammenschlugen und rassistisch beleidigten. Er sprach von einer »inakzeptablen Aggression« und nannte die Bilder »beschämend«. Zuvor hatte es bereits massive Kritik an der Polizei wegen der gewaltsamen Räumung eines Flüchtlingslagers in Paris gegeben.

Der Soziologe Fabien Jobard attestierte der französischen Polizei indes ein »strukturelles Gewaltproblem«. »Ich kenne kein westeuropäisches Land, das ein so großes Polizeiproblem hat«, sagte er der Nachrichtenagentur AFP in einem Interview. Es handele sich um mehr als ein paar »schwarze Schafe«.

Aufgerufen zum »Marsch der Freiheiten« hatte ein Bündnis von Journalistengewerkschaften und Menschenrechtsorganisationen. Nach Angaben der Organisatoren nahmen insgesamt 500.000 Menschen an den landesweiten Demonstrationen teil, in Paris seien es 200.000 gewesen. Das Innenministerium sprach hingegen von insgesamt 133.000 Demonstranten und 46.000 Teilnehmern in Paris. AFP/nd

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