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Profiteure des Autobahnbaus
Die Kosten für den Ausbau der A49 sind zuletzt in die Höhe geschnellt. Darüber freuen sich vor allem private Investoren
Die Schlagzeilen bestimmen zweifelsohne die Scharmützel rund um den Dannenröder Wald, bei dem ein martialisches Polizeiaufgebot die Klimaaktivisten aus dem Wald holt, damit dann die Rodungsmaschinen anrücken können. In der Öffentlichkeit kommt der Blick auf die Profiteure des Baukonzerns allerdings zu kurz.
Das Autobahnteilstück entsteht in einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP) und verspricht damit Konzernen und Banken erhebliche Gewinne. Der europäische Bautechnologiekonzern Strabag SE hat über seine Tochtergesellschaft Strabag Infrastrukturprojekt GmbH den Zuschlag für das Autobahnprojekt bekommen. Neben dem Bau des Teilstücks der A49 zwischen Schwalmstadt und dem künftigen Ohmtal-Dreieck an der Autobahn A5 umfasst das ÖPP-Projekt laut Strabag auch Planung, anteilige Finanzierung, Erhalt und Betrieb eines 62 Kilometer langen Teilstücks zwischen Fritzlar und dem Dreieck. Der ÖPP-Vertrag hat eine Laufzeit von 30 Jahren und endet zum 31. August 2050. Der ehrgeizige Zeitplan sieht vor, den Bau im Herbst 2024 abzuschließen. Dies erklärt den Zeitdruck, der sich auch in dem rigorosen Vorgehen der Polizeikräfte niederschlägt.
Die Arbeiten wickelt Strabag zusammen mit dem Baukonzern Leonhard Weiss ab. Strabag mit Sitz in Wien gehört zu den ganz großen Baulöwen in Europa. Der deutsche Strabag-Ableger mit Sitz in Köln hält 100 Prozent der Aktien am Stuttgarter Baukonzern Züblin. Strabag-Großaktionäre sind die in Zypern ansässige Rasperia Trading des russischen Oligarchen Oleg Deripaska, die Haselsteiner-Gruppe, die Raiffeisen-Holding-Niederösterreich-Wien-Gruppe und die mit Raiffeisen verflochtene Uniqa-Gruppe. Haselsteiner ist nebenbei auch größter Anteilseigner der privaten österreichischen Westbahn und gilt als Großspender für die liberale Partei Neos.
Auftraggeberin für das A49-Projekt ist der Bund, der sich hier durch das Land Hessen und die privatrechtliche Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (Deges) vertreten lässt. Deges-Gesellschafter sind der Bund und mehrere Bundesländer. An der eigens gegründeten Projektgesellschaft A49 sind Strabag und die global tätige Investmentgesellschaft Meridiam je zur Hälfte beteiligt. Für die Fremdfinanzierung der angegebenen Investitionssumme von rund 1,3 Milliarden Euro wurden laut Strabag die deutsche KfW Ipex-Bank, die Europäische Investitionsbank, die belgische KBC-Bank, die tschechische ČSOB-Bank und die Münchner Meag GmbH ins Boot geholt. Meag bündelt nach eigenen Angaben Kapitalanlageaktivitäten der Versicherungskonzerne Munich Re (Münchener Rück) und Ergo.
Solche ÖPP-Projekte haben in Deutschland Tradition. Als Gegenleistung für die Autobahnfinanzierung wurde den Konsortien in der Vergangenheit oftmals längerfristig die erhobene Lkw-Maut zugesichert. Weil der Lkw-Verkehr jedoch in Krisenzeiten auch drastisch einbrechen kann, scheuen die Konzerne offenbar das unternehmerische Risiko und setzen stattdessen auf garantierte üppige Pauschalbeträge im Rahmen eines »Verfügbarkeitsmodells«, die sie in Form einer einmaligen Anschubfinanzierung und eines monatlichen Entgelts beziehen.
So haben Linke-Finanzpolitiker im Bund und in Hessen bei der Durchsicht des Bundeshaushalts festgestellt, dass die veranschlagten Kosten für das ÖPP-Projekt A49 binnen eines Jahres von den zunächst veranschlagten 1,1 Milliarden Euro auf rund 1,4 Milliarden Euro hochgeschnellt sind. »Privatisierungen öffentlicher Infrastruktur kommen die Steuerzahler teuer zu stehen und nutzen vor allem privaten Investoren, die auf Kosten der Allgemeinheit kräftig Kasse machen«, beklagte der hessische Landtagsabgeordnete Jan Schalauske (Linke) in einer Mitteilung. »Vor der Teilprivatisierung werden solche Projekte künstlich billig gerechnet. Sobald es losgeht, explodieren die Kosten für die Staatskasse«, sagte der Bundestagsabgeordnete Victor Perli (Linke) dem »nd«. »Andreas Scheuer wird aus dem teuren Scheitern der ÖPP-Projekte offenkundig nicht klug«, so Perli an die Adresse des CSU-Bundesverkehrsministers. »Mit der Privatisierung von Straßen muss endlich Schluss sein«, verlangt er.
Der Bundesrechnungshof (BRH) hatte schon im Oktober 2018 kritisiert, dass Scheuers Ministerium nicht sauber nachgewiesen habe, ob ÖPP-Projekte tatsächlich billiger seien als ein Bau in staatlicher Hand. Laut BRH-Prüfbericht vom Mai 2019 ist es »nicht belegt und nicht prüfbar, dass die Kosten tatsächlich angemessen sind«.
Weiterer Profiteur ist die private Forstverwaltung der Freiherren Schenck zu Schweinsberg, das Freiherrlich Schenck’sche Forstamt Schweinsberg. Die Adelsfamilie besitzt und bewirtschaftet den Dannenröder Forst seit Jahrhunderten. Sie übernimmt nun die Fällarbeiten entlang der neuen Trasse. Über Einzelheiten der Verträge hüllt sie sich auf nd-Anfrage in Schweigen.
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