Die märkischen Wälder sind schwer angeschlagen
Nur 15 Prozent der Bestände sind ohne sichtbare Schäden - neben Eichen und Buchen leiden auch die Kiefern schwer unter Dürrefolgen
Der Zustand der Wälder Brandenburgs ist katastrophal. Das konstatierte Rainer Hentschel, Fachmann für Waldschäden beim Landesbetrieb Forst in Eberswalde, am Freitag bei der Vorstellung des Waldzustandsberichtes 2020. Daran ändere auch die dort vermerkte leichte Verbesserung des Gesamtzustandes der Bestände gegenüber dem Vorjahr nichts. Jeder vierte Baum zeige deutliche Schäden. Die Niederschlagsentwicklung belege, dass 2020 das dritte Dürrejahr in Berlin-Brandenburg seit 2018 war.
Das Umweltministerium gelangt zu der Einschätzung, dass zwar der Anteil der deutlich geschädigten Bäume im dritten Trockenjahr in Folge zurückgegangen ist, mit einem Viertel des Gesamtbestands aber weiter sehr hoch bleibe. Seit Beginn der gesamtdeutschen Waldzustandserhebung im Jahr 1991 sei in diesem Jahr sogar die höchste Absterberate von Bäumen beobachtet worden.
Was es bedeutet, von einer »leichten Verbesserung« zu sprechen, und warum es dem Wald dennoch schlecht gehe, erläutere Umweltminister Axel Vogel (Grüne), der auch für die Forsten zuständig ist. »Mit dem Wassermangel und den sich durch Trockenheit stark vermehrenden Schaderregern ist der Klimawandel mitten im Brandenburger Wald angekommen«, sagte er in Potsdam. »Das beeinflusst die Stabilität unserer Wälder und unser forstliches Handeln auch künftig - deshalb setzten wir auf eine klimaangepasste Baumartenmischung, auf Naturverjüngung und Saatgutvermehrung sowie auf angepasste Schalenwildbestände.«
Seit 2018 befinde sich der Wald im Dauerstress, verursacht durch Trockenheit, Hitze und Stürme, so Vogel. Trotz der 2020 eingetretenen leichten Regeneration der Bäume - der Anteil mit deutlichen Schäden sei von 37 Prozent 2019 auf 25 Prozent zurückgegangen - bleibe die Situation angespannt.
Dem Waldzustandsbericht zufolge ist der Anteil der Bäume ohne sichtbare Beeinträchtigungen mit rund 15 Prozent nur unwesentlich gestiegen. Von Schäden seien alle Baumarten betroffen, vor allem aber mit Kiefer und Eiche die Hauptbaumarten in Brandenburgs Wäldern. Noch immer dominiert die Kiefer mit 70 Prozent die auf mehr als 1,1 Million Hektar stehenden Wälder im Land. Während sich der Gesamtzustand der Kiefern aber immerhin etwas verbessert hat, trägt jede zweite Eiche deutliche Schäden, auch 40 Prozent der Buchen sind schwer gezeichnet.
Nach Angaben des Forstexperten Hentschel betrug 2020 die Absterberate in Brandenburgs Wäldern 1,3 Prozent. Es seien also von 1000 Bäumen 13 abgestorben. Die Folge ist ein riesiger Anfall von Schadholz. In den vergangenen drei Jahren seien das drei Millionen Festmeter gewesen, was der Holznutzung eines ganzen Jahres entspreche.
Dass wegen des europaweiten Fichtensterbens infolge Trockenheit und Borkenkäferbefalls die Preise am Holzmarkt eingebrochen seien, beschere Brandenburgs Waldbesitzern ein gravierendes Problem, wie Minister Vogel anmerkte. Das Holz lasse sich selbst mit Landeshilfe derzeit kaum verkaufen.
Glücklicherweise sei Brandenburg 2020 von nadelfressenden Schadinsekten verschont geblieben, fügte Hentschel an. Doch nehme der Befall der durch die Dürre geschwächten Bäume mit rinden- und holzbrütenden Käfern und auch mit Pilzen zu. Noch sei kein großflächiger Befall zu verzeichnen, doch die einzige Möglichkeit, die Gefahr einzugrenzen, sei der »Sanitärhieb«, die schnelle Entnahme befallener Bäume.
Laut Vogel reagiert das Land auf die auch in Zukunft erwarteten Witterungsextreme vor allem mit dem Waldumbau auf der Grundlage einer Durchmischung der Kiefernbestände mit klimaangepassten Baumarten. Erste Wahl seien dabei statt mediterraner einheimische Arten wie Eiche und Buche, Birke, Eberesche und Hainbuche.
Laut Carsten Leßner, Leiter der Obersten Forstbehörde Brandenburgs, sind bisher 87 000 Hektar der gesamten Waldfläche des Landes aktiv umgebaut worden. Wobei man neben der Aussaat und Pflanzung vor allem auf Naturverjüngung in bestehenden Wäldern setze. Da künftig auf Zäune verzichtet werde - derzeit sind 45 000 Hektar Wald zum Schutz vor Wildverbiss eingezäunt - , müsse die Bejagung der überhöhten Wildbestände intensiviert werden. »Reh und Hirsch verhindern den Waldumbau zur Zeit«, betonte er.
Sein Haus arbeite daher gemeinsam mit dem Landesjagdbeirat an der Novellierung des Jagdgesetzes, um die Jagd vor allem zu entbürokratisieren, erklärte Vogel. Das Forstministerium gebe für den Waldschutz erhebliche Fördermittel von EU, Bund und Land aus. 2020 wurden 2,5 Millionen Euro für den Waldumbau und sechs Millionen Euro für die Waldbrandvorbeugung bewilligt. Zu wenig gelinge die Einbeziehung der rund 100 000 Privatwaldbesitzer in den Waldumbau, Fördermittel würden dafür kaum abgerufen.
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