Stille Nacht schon Mitte Dezember
Berlin. Ab Mittwoch sollen Schulen und Einzelhandel zum Großteil geschlossen bleiben. Darauf haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten bei einer Telefonkonferenz am Sonntagvormittag geeinigt.
Merkel warnte angesichts der aktuell steigenden Infektionszahlen mit dem neuartigen Coronavirus vor einem erneuten exponentiellen Wachstum. Deswegen gebe es »dringenden Handlungsbedarf« sagte die Kanzlerin. Das unterstrich auch Bayerns Ministerpräsident Marcus Söder (CSU). Er sagte, die Pandemie sei »außer Kontrolle« geraten. Zustände wie im norditalienischen Bergamo, wo es im Frühjahr Tausende an Corona starben, seien »näher«, als viele glaubten. Deswegen habe man sich auch auf einen »richtigen Lockdown« ab Mittwoch geeinigt.
Dieser betrifft vor allem den Einzelhandel. Die meisten Geschäfte müssen schließen. In den Schulen soll nach Möglichkeit auf Präsenzunterricht verzichtet oder der Ferienbeginn vorgezogen werden. Außerdem beschlossen Bund und Länder ein Feuerwerks-Verkaufsverbot. Dies sei nötig, um Krankenhäuser nicht zusätzlich mit den typischen Silvesterunfällen zu belasten. In besonders betroffenen Regionen wie Bayern werden nächtliche Ausgangssperren verhängt.
Kritik an den Plänen kommt deshalb auch vorrangig von Branchenvertretern. Thomas Schreiber, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der pyrotechnischen Industrie, warnte vor Insolvenzen. Die Pyrotechniker erzielen 95 Prozent ihrer Jahreserlöse im Dezember. Es gehe um »3000 Einzelexistenzen«, für die es gesonderte Hilfsgelder brauche.
Auch der Handelsverband Deutschland wünscht sich mehr Geld. »Die bisher vorgesehenen Gelder reichen bei weitem nicht aus, um eine Pleitewelle in den Innenstädten zu verhindern«, hieß es in einer Mitteilung. Der Verband schlägt vor, den Einzelhandel ähnlich wie die Gastronomie zu behandeln und ihm 75 Prozent des letztjährigen Umsatzes zu zahlen. Dies hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) jedoch bereits abgelehnt.
Oppositionspolitiker von FDP-Chef Christian Lindner bis zu den nordrhein-westfälischen Grünen forderten Bundes- und Landesregierungen auf, die Zeit bis zum Lockdown-Ende am 10. Januar zu nutzen, um langfristigere Strategien zum Umgang mit der Pandemie zu entwickeln. nd/Agenturen Seite 2
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