Überwachungspakete zur Weihnacht

Das Kabinett bringt BND- und IT-Sicherheitsgesetz auf den Weg und baut Überwachungsinstrumente aus

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Arbeiten an den Grundlagen für staatliche Überwachung liefen zuletzt auf Hochtouren. Zeitgleich wird dieser Tage am IT-Sicherheitsgesetz und am BND-Gesetz gearbeitet, die am Mittwoch im Bundeskabinett beschlossen wurden.

Eine kritische Begleitung ist dabei kaum möglich, wie die Netzpolitik.org-Redakteurin Anna Biselli konstatiert. Das IT-Sicherheitsgesetz 2.0 (IT-SiG 2.0) ist dafür wohl das beste Beispiel. Am 2. Dezember wurde mit kürzester Frist von zunächst nur vier Tagen ein Entwurf zur Diskussion gestellt, der wenig später um 16 Seiten wuchs, die erneut binnen nur eines Tages zu prüfen waren. Bei der überarbeiteten Version des BND-Gesetzes blieb ebenfalls nur eine Woche Zeit.

Es wirkt, als solle die erwartbare Kritik von vornherein unterbunden werden. Der TÜV-Verband kritisiert – wie auch andere Verbände – die auffallend kurze Frist für die Kommentierung des Gesetzentwurfs. »Das IT-Sicherheitsgesetz betrifft Wirtschaft und Verbraucher massiv. Ausreichend Zeit für eine sachgerechte Anhörung der Verbände ist daher zwingend geboten und wichtiger Teil des demokratischen Verfahrens«, so Geschäftsführer Joachim Bühler. Der TÜV-Verband mahnte unmittelbar nach dem Kabinettsbeschluss den noch notwenigen Verbesserungsbedarf an.

In der Kritik ist vor allem die Rolle des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik BSI, das mehr Befugnisse erhält. Die Behörde, die einerseits Verbraucher*innen-Interessen in Bezug auf die IT-Sicherheit regeln soll, ist andererseits daran beteiligt, Überwachungstechnik von Verfassungsschutz und BND zu legalisieren.

Beim BND-Gesetz ist die Baustelle der Regierungsparteien noch größer. 2016 installiert, um die durch Edward Snowden ans Tageslicht gebrachte widerrechtlich Praxis des Auslandsgeheimdienstes zu legalisieren, wurde das Gesetz im Mai 2020 auf eine Beschwerde mehrerer zivilgesellschaftlicher Akteure, wie der Gesellschaft für Freiheitsrechte GFF und Reporter ohne Grenzen, in Teilen für Verfassungswidrig erklärt. André Hahn, stellvertretender Vorsitzender der Linksfraktion und Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium PKGr, äußerte sich in einem Gastbeitrag zum BND-Gesetz. Im Verfassungsgerichtsentscheid seien zahlreiche Rechtsverstöße des BND aufgeführt. »Der überwiegende Teil des insgesamt 122 Seiten umfassenden Urteils enthielt zahlreiche Hinweise, wie diese bisherigen Rechtsverstöße womöglich zu heilen seien«, beschreibt Hahn und weist auf Unstimmigkeiten und Widersprüche in der Argumentation hin. Teilweise geht das nach Ansicht Hahns soweit, dass das Bundesverfassungsgericht seine Schwächen im Bereich der Kenntnisse digitaler Technologien offenbart. Die Bundesregierung hat die rechtswidrige und in Graubereichen gängige Praxis des Auslandsgeheimdienstes nun neu verpackt.

Selbst das neu eingesetzte Kontrollorgan gerät zur Farce, da die Mitglieder des mit 60 Personalstellen ausgerüsteten Gremiums über die Regierungsmehrheit im Parlamentarischen Kontrollgremium für zwölf Jahre ins Amt gewählt werden. »Die vorgesehenen Kontrollpraktiken beziehen sich allein auf Überwachungsmaßnahmen, die von deutschem Territorium ausgeführt werden«, sagt Hahn. Kooperationen mit ausländischen Geheimdiensten, denen der BND teils ungeprüfte Internetdaten zur Verfügung stellte und BND-Operationen im Auslang sind für das Gremium weiterhin unkontrollierbar. Hahn weist auch auf Schlupflöcher hin. Sammelt der BND zum Beispiel in Bundeswehrliegenschaften in Afghanistan Überwachungsdaten aus dem örtlichen Mobilfunknetz, bleibt dies unkontrollierbar. »Hier muss gar von einer bewusst geschaffenen Gesetzeslücke gesprochen werden, die kreativ auszufüllen dem BND überlassen bleibt«. BND und Bundeswehr kooperieren in Auslandseinsätzen. Hahn beschreibt das als »vollkommen kontrollfreien Raum«, über den »in der Öffentlichkeit bislang so gut wie nicht bekannt« sei.

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Die Gesetzgebung betrifft auch deutsche Staatsbürger*innen, Geistliche, Rechtsanwält*innen und Journalist*innen, wenn der BND nur einen hinreichenden Grund für die Ausforschung findet, der über einen Gefahrenkatalog begründet werden muss. »Der vom Verfassungsgericht bestätigte besondere Schutz von Berufsgeheimnisträgern wird dadurch weitgehend ausgehebelt«, sagte Hahn. »Die Bundesregierung will sich mit einer oberflächlichen Reform durchmogeln, statt den BND zu einem wirksamen, verfassungskonformen Schutz der Pressefreiheit zu verpflichten«, sagte Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen. Er hofft auf die Arbeit des Bundestages, der bald über den Entwurf debattieren wird.
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