- Kommentare
- Ungarns Asylpolitik
Eine Ohrfeige für inhumane Politik
Peter Steiniger zum Urteil des EuGH über die ungarischen Asylregeln
Die Regierung von Viktor Orbán ist schuldig gesprochen worden. Die schlimmsten Auswüchse des auf Abschreckung ausgerichteten ungarischen Asylsystems hat der Europäische Gerichtshof für schlichtweg rechtswidrig erklärt. Nur wenige Tage, nachdem Budapest gemeinsam mit Warschau im Haushaltsstreit den EU-Rechtsstaatsmechanismus erfolgreich lahmlegte, bekommt es seine Defizite auf diesem Feld erneut amtlich. Erst im Mai hatte das Oberste Gericht der Europäischen Union die Transitlager an der Grenze zu Serbien für illegal erklärt. Den Schutzsuchenden, denen ihr Anspruch nach Völker- und EU-Recht auf Prüfung ihrer Fluchtgründe genommen wurde, die Haft, Diskriminierungen und Zwangsabschiebungen erleiden mussten, nützt das im Nachhinein wenig. Und Ungarns Regierung setzt ungerührt weiter auf rigide Abschottung, findet dazu immer neue Wege. Das nächste Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen das südosteuropäische Mitglied läuft bereits.
Brüssel verhält sich scheinheilig. Denn die Kommission müsste sich beim Thema Asyl auch an die eigene Nase fassen. Während sie sich einerseits als Hüterin europäischer Werte verkauft, legte sie andererseits erst kürzlich einen Migrationspakt vor, der genau diese Werte weiter untergräbt. Orbáns Methoden billigt Brüssel nicht, doch in den Zielen ist man sich einig: Die »Festung Europa« soll höhere Mauern erhalten. Statt Lasten zu teilen, wird die Überwachung der EU-Grenzen weiter militarisiert. Von würdigen Aufnahmebedingungen für Asylsuchende ist nicht nur Ungarn weit entfernt. Mit der Auslagerung von Verantwortung an Drittstaaten vor den Toren der EU, beschleunigten Asylverfahren und Abschiebungen senkt Brüssel selbst die Standards. Urteile aus Luxemburg können Solidarität nicht ersetzen. Dafür braucht es eine andere Politik.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.