Werbung

Israels Atomspion

  • René Heilig
  • Lesedauer: 2 Min.

Jonathan Pollard hatte nach seiner Landung am Mittwochmorgen in Tel Aviv den denkbar prominentesten Abholer. Premier Benjamin Netanjahu begrüßte ihn und seine zweite Ehefrau höchstpersönlich. Diese Ehre wird gewöhnlich nur hohen Staatsgästen zuteil. Das ist Pollard keineswegs, doch hat er die Beziehungen zwischen Israel und den USA nachhaltig gestaltet. Als Geheimdienstanalyst der US-Marine hatte er sich dem Lakam - das war bis 1986 ein speziell für das israelische Nuklearprogramm gegründeter Nachrichtendienst - angedient.

Allein die Tatsache, dass sich ein befreundeter Dienst so dreist aufführte, war Schock. Noch größer war wohl das Erschrecken darüber, was Pollard weitergegeben hat. Noch immer ist das weitgehend intern. Weil der Spion sich vor Gericht schuldig bekannte, wurden keine Details ausgebreitet. Das Urteil »lebenslänglich«, das am 4. Juni 1986 erging, zeigt aber die Schwere des Falles. Und dass Pollard trotz zahlreicher Vorstöße diverser von Jitzhak Rabin und Benjamin Netanjahu geführter Regierungen 30 Jahre sitzen und eine - nun beendete - fünfjährige Bewährung erdulden musste, spricht dafür, dass die Kenntnisse des Spions wohl noch lange »heiß« waren. Kolportiert wird beispielsweise, dass Pollard - womöglich mit Israels Wissen - auch pakistanischen Atombombenbauern unter die Arme gegriffen hat.

In seiner neuen Heimat hat man den Doppelspion derweil mit Würdigungen bedacht. 2006 wurde Pollard Ehrenbürger einer Siedlung, in Jerusalem ist ein Platz nach ihm benannt. Ausgeflogen wurde er mit einem Jet des US-Casino-Königs Sheldon Adelson. Nach der Landung küsste der 66-jährige Pollard den Boden. Er hoffe, »so bald und so schnell wie möglich« wieder ein »produktiver Bürger« zu sein. Das kann angesichts der vom scheidenden US-Präsidenten Donald Trump nachhaltig neu gestalteten sicherheitspolitischen Beziehungen zwischen den USA und Israel allerlei bedeuten. Oder nichts.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -