Bürgermeisterin soll wegen Bestechlichkeit belangt werden

Anklage gegen Wildaus Rathauschefin Angela Homuth (SPD) im Zusammenhang mit einer Wahlkampfspende und einem Grundstücksdeal

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 5 Min.

Die für Korruption zuständige Staatsanwaltschaft Neuruppin erhebt Anklage gegen Wildaus Bürgermeisterin Angela Homuth (SPD). Das bestätigte Oberstaatsanwalt Frank Winter dem »nd« am Donnerstag. Zuerst hatte die »Märkische Allgemeine« darüber berichtet.

Der Vorwurf lautet: Die Kommunalpolitikerin soll sich Ende 2018 bis Anfang 2019, als sie noch Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung war, bei der Stadt und beim Landkreis Dahme-Spreewald dafür eingesetzt haben, dass ein Investor einen Bauvorbescheid für ein 6.000 Quadratmeter großes Grundstück bekommt. Dieser habe sich bei ihr mit einer Spende von rund 10.000 Euro für den Bürgermeisterwahlkampf revanchiert. Mit der Summe sei Homuths Kampagne wesentlich finanziert worden, erläuterte Oberstaatsanwalt Winter. Dann habe der Investor auch noch mit etwa 2.200 Euro die Gaststättenrechnung einer Feier nach dem Wahlsieg bezahlt. Darüber hinaus soll die Politikerin dafür gesorgt haben, dass Bekannte, die in Schwierigkeiten steckten, vom Investor 1.500 Euro für einen Auftrag erhielten, der nie realisiert wurde. Dabei sei es um Werbematerial gegangen. Als Gegenleistung für diese Zahlungen soll sich die Bürgermeisterin bemüht haben, dem Investor noch das 4.600 Quadratmeter große Nachbargrundstück seines eigenen Grundstücks günstig zuzuschanzen.

Vizebürgermeister Marc Anders (parteilos) wird Beihilfe dazu angekreidet. Dessen Beteiligung sei aber »untergeordnet«, und Anders habe auch keinen finanziellen Vorteil daraus gezogen, betonte Oberstaatsanwalt Winter. Deshalb laufen Winter zufolge Gespräche mit dem Rechtsanwalt des Vizebürgermeisters, das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen.

Beim Oberlandesgericht ist die Anklageschrift gegen die Bürgermeisterin schon eingegangen. In einigen Wochen soll entschieden werden, ob die Anklage zugelassen wird und es zu einem Prozess kommt.

»Mir ist noch keine Anklageschrift zugestellt worden«, erklärte Homuth. »Bevor mir diese nicht zugestellt worden ist, kann ich mich hierzu nicht im Einzelnen positionieren. Sagen kann ich aber, dass ich nicht bestechlich war und dies auch nicht bin.« Das werde sie beweisen, falls das Gericht die Anklage zulässt, sagte die Bürgermeisterin. Die Staatsanwaltschaft habe ihr zwar angeboten, von der Erhebung der Anklage abzusehen, wenn sie einen Strafbefehl akzeptiere. »Das habe ich aber abgelehnt. Ich scheue eine öffentliche Hauptverhandlung nicht, denn ich bin unschuldig«, versicherte Homuth. »Ich habe mir nichts vorzuwerfen.«

Vor einem Jahr starteten die Ermittlungen. Homuth war wegen des 4.600 Quadratmeter großen Grundstücks ins Gerede gekommen. Es gehört der städtischen Wildauer Wohnungsbaugesellschaft (Wiwo). Der Investor sollte das Grundstück für 575.000 Euro erhalten. »Für ’nen Appel und ’n Ei«, kommentierte Linksfraktionschef Heinz Hillebrand den Deal seinerzeit. Denn ein von der Wiwo in Auftrag gegebenes Gutachten bescheinigte dem Grundstück einen Wert von 1,6 Millionen Euro. Aber der damalige Wiwo-Geschäftsführer Frank Kerber wollte das Areal gar nicht veräußern. Denn in der Gegend gebe es jetzt schon ein Stellplatzproblem, sagte er seinerzeit dem Sender RBB. Doch Bürgermeisterin Homuth und andere sollen Druck auf Kerber ausgeübt haben. Er sei abgemahnt worden, und man habe ihm mit Kündigung gedroht, falls er das Grundstücksgeschäft nicht abwickele, hieß es. Kerber wurde später tatsächlich entlassen.

Vizebürgermeister Anders bezweifelte allerdings, dass dieses Grundstück 1,6 Millionen Euro wert sein soll. Denn die Altlasten zu beseitigen, könne schätzungsweise 300.000 bis 700.000 Euro kosten, vielleicht auch mehr. Dies eingerechnet, liege der Kaufpreis von 575.000 Euro dann gar gar nicht mehr so weit von den 1,6 Millionen Euro entfernt, sagte Anders vor einem Jahr dem »nd«. Ihm zufolge sollte auf dem betreffenden Grundstück und auf dem Nachbargrundstück, das dem Investor bereits gehörte, ein Quartier mit Wohnungen entstehen.

Linksfraktionschef Hillebrand berichtete allerdings damals, der Investor biete beide Grundstücke bereits für zusammen 7,8 Millionen Euro zum Weiterverkauf an. Daraus ist aber nichts geworden, denn der Investor hat das 4600 Quadratmeter große Grundstück am Ende doch nicht bekommen.

Sie sei »sehr verwundert«, dass es jetzt um Parteispenden gehe, reagierte die SPD-Unterbezirksvorsitzende und Landtagsabgeordnete Tina Fischer auf die aktuellen Vorwürfe gegen ihre Genossin Angela Homuth. »Denn finanzielle Spenden von Unternehmen, Firmen und Gewerbetreibenden sind bei allen Parteien absolut gängige Praxis und überhaupt nicht verboten«, argumentierte Fischer. Es sei gesetzlich klar geregelt, wie mit Parteispenden umzugehen ist. Sie sei sich sicher, dass die SPD alles richtig angezeigt und in den Büchern vermerkt habe. Wie Fischer das meint, ist rätselhaft. Denn es geht ja keineswegs darum, ob Spenden ordnungsgemäß verbucht worden sind, sondern darum, ob es für die Spenden eine Gegenleistung gab. Denn das wäre ein Fall von Bestechung und Bestechlichkeit. Für Bestechung droht eine Mindestfreiheitsstrafe von drei Monaten, für Bestechlichkeit sind es sechs Monate. Auf Nachfrage berief sich Tina Fischer darauf, dass auch ihr keine Anklageschrift vorliege. Ihres Wissens werde Homuth vorgeworden, Geld angenommen zu haben. »Dieses Geld hat sie aber meines Wissens nach nicht als Privatperson erhalten, sondern es war eine Parteispende«, sagt Fischer. Dies sei im Wahlkampf üblich. Fischer bestätigt übrigens, dass sie selbst bei der Feier gewesen ist - »wie viele andere«.

Linksfraktionschef Hillebrand geht davon aus, dass Landrat Stephan Loge (SPD) die Bürgermeisterin wegen der Schwere der Vorwürfe bis zu ihrem Prozess vom Dienst suspendiert. »Eigentlich müsste Frau Homuth diesen Schritt selber tun und bis zur gerichtlichen Klärung ihr Amt niederlegen«, findet Hillebrand. »Die allgemeine Politikverdrossenheit wird durch eine Anklage wegen Bestechlichkeit nur noch weiter gefördert. Weitere Menschen werden nicht mehr zur Wahl gehen oder im schlimmeren Fall AfD oder obskure Populisten wählen.«

2017 hatte Homuth die Bürgermeisterwahl gegen den langjährigen Amtsinhaber Uwe Malich (Linke) verloren, der dann jedoch aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten musste. So bekam Homuth 2019 eine zweite Chance und nutzte sie, indem sie mit 57 Prozent der Stimmen die Stichwahl gegen den Rechtsanwalt Matthias Mnich (Linke) gewann. Der Wahlkampfetat des Geschlagenen war weit niedriger als 10.000 Euro.

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