Das Ende des Anfangs?

Biolumne

  • Reinhard Renneberg
  • Lesedauer: 3 Min.

»Dies ist nicht das Ende. Es ist nicht einmal der Anfang vom Ende. Aber es ist vielleicht das Ende des Anfangs«, warnte Sir Winston Churchill im 2. Weltkrieg am 10. November 1942 in seiner berühmten Rede beim Bankett des Lord Mayor of London.

Die Covid-19-Pandemie ist in den USA weiterhin außer Kontrolle. Allein am Heiligabend wurden 2824 Tote gemeldet. Der neugewählte Präsident nannte das »tragischen Meilenstein«. Bisher werden in den USA 342 000 Tote Covid-19 zugerechnet. Viele amerikanische Krankenhäuser berichten inzwischen von überlasteten Notaufnahmen und fehlenden Pflegekräften für die ständig mehr werdenden Infizierten.

Nach einer Notfallzulassung hatten am 14. Dezember 2020 in den Vereinigten Staaten die Impfungen begonnen. Der mRNA-Impfstoff stammt von der deutschen BioNTech und dem US-Konzern Pfizer. Die US-Regierung hat sich vertraglich die Lieferung von 100 Millionen Dosen dieses Impfstoffs gesichert. Das US-Unternehmen Moderna teilte mit, die Regierung kaufe weitere 100 Millionen Dosen seines Impfstoff-Kandidaten. Die würden im zweiten Quartal 2021 geliefert.

Alles toll!? Peter Sands, Executive Direktor des in der Schweiz ansässigen Global Fund to Fight Aids, Tuberculosis and Malaria meint, wir freuten uns so über das Licht am Ende des Tunnels, dass wir die Länge des Tunnels unterschätzten, ebenso, wie gefährlich dieser Tunnel eigentlich sei. Sands fügt hinzu, dass der Impfstoff in Größenordnungen frühestens Ende 2021 verfügbar werden würde.

Der Biolumnist ist aber auch davon überzeugt, dass die Pandemie gezeigt hat, dass der kapitalistische Staat in einer Krise gezwungen werden kann, soziale und ökologische Fragen stärker in den Mittelpunkt zu stellen und dass eine breite Zustimmung dafür in der Bevölkerung erreicht werden kann. Nun muss darum gekämpft werden, dass die Kosten dafür gerechter getragen werden. China hat ja vorgemacht, wie das gehen kann.

Die bekannte Virologin Melanie Brinkmann vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig ist zwar optimistisch, dass bis zum kommenden Jahr ausreichend Impfstoffe gegen das Coronavirus entwickelt sein werden. Aber dann werden schon rein technisch nicht alle Menschen weltweit umgehend damit geimpft werden können.

Wie könnte man nun als kritischer »nd«-Leser die Covid-19-Krise politisch einordnen? Die Schriftstellerin Daniela Dahn und der Kognitionsforscher Rainer Mausfeld von der Uni Kiel schreiben hellsichtig in ihrem spannenden Buch »Tam Tam und Tabu. Die Einheit: Drei Jahrzehnte ohne Bewährung« (Westend Verlag): »Die Corona-Krise ist ja tatsächlich eine Multi-Krise. In ihr kreuzen und verbinden sich sehr unterschiedliche Krisen, die bereits länger erwartet wurden.

Dazu gehört eine Systemkrise des globalisierten Finanzkapitalismus, die sich auf diese Weise fast unsichtbar gemacht hat und damit ihre Kosten wieder kurzerhand auf die Gemeinschaft umlegen kann. Covid-19 bringt lediglich wie ein Katalysator sehr grundlegende Probleme der gegenwärtigen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zum Vorschein…«

Mein sächsischer Lieblingskabarettist Uwe Steimle bringt das genial auf den Punkt: Er nennt »de Gorona-Grise« eine »gabidalisdische Insolvenz-Vorschlebbung«.

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