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Kaum noch Impftermine frei
Brandenburgs drittes Impfzentrum am alten Flughafen Schönefeld eröffnet
Inwiefern trägt Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) Verantwortung für den holperigen Start der Corona-Impfungen im Land Brandenburg? Am Montag stand sie jedenfalls im wörtlichen Sinne einem älteren Mann im Weg. Dieser hatte im gerade neu eröffneten Impfzentrum am alten Flughafen Schönefeld einen Termin. Nonnemacher und andere Persönlichkeiten hatten sich aber draußen vor der Tür vor einem Pulk von Fernsehkameras und Fotografen postiert - und der Mann sah nicht, wie er da durchkommen könnte. Es halfen ihm dann Mitarbeiter der Johanniter-Unfallhilfe, mit einem kleinen Umweg doch ins Impfzentrum hinein zu gelangen.
Die Johanniter betreiben dieses nach Potsdam und Cottbus dritte Impfzentrum in Brandenburg. Die Bundeswehr stellt das Personal - vier Ärzte und acht Sanitäter. Bei Bedarf, wenn das Zentrum in zwei Schichten betrieben werden soll, könne die Bundeswehr auch mehr Leute abstellen, erläuterte Oberstarzt Roland Schneider. Die medizinisch gebildeten Soldaten und Offiziere kommen aus Berlin, ebenso einige Feldjäger als »helfende Hände«, wie Oberst Olaf Detlefsen sagte. Das ist die nächste Stufe des Einsatzes von Bundeswehrsoldaten in der Pandemie. Länger schon sind in Brandenburg 330 Soldaten damit betraut, für Gesundheitsämter die Kontakte von Infizierten zu ermitteln.
Am Montag standen im Terminal 5, Bereich M, lediglich rund 100 Impfungen auf dem Programm, obwohl es bereits um 10 Uhr früh losging. In ganz Brandenburg wurden seit Ende Dezember erst 14 063 Impfungen verabreicht, deutlich weniger, als möglich gewesen wäre. »Es gab ja viel Unzufriedenheit und viel Kritik am Impfstart«, räumte Nonnemacher ein. »Diese Jacke müssen wir uns anziehen«, gestand sie. Doch inzwischen seien über die Telefonnummer 116 117 schon 32 000 Impftermine vergeben. Deswegen könne man nun täglich nur noch wenige Termine vergeben. Der Impfstoff stünde sonst gar nicht in ausreichender Menge zur Verfügung. »Bei aller Kritik an der Hotline«, so sagte Nonnemacher, wenn einmal mehr Impfstoff eintreffen sollte als erwartet, könne man damit flexibel reagieren. Bei dem System schriftlicher Einladungen wie in Berlin - der Landtagsabgeordnete Ronny Kretschmer (Linke) hatte sich solche Einladungen gewünscht - wäre dies nicht so leicht möglich, blieb die Ministerin stur. Dass viele Anrufer die Nummer 116 117 in den ersten Tagen immer wieder wählten und einfach nicht durchkamen, weiß Nonnemacher. Trotzdem bemerkte sie genervt von Vorhaltungen: »Jeder wendet sich an mich persönlich, ob seine Oma nicht vorgezogen werden könnte.«
Die vergangenen Wochen waren anstrengend für die Ministerin. Sie war zwischen Weihnachten und Neujahr ständig auf Achse, während vom Kabinett sonst kaum etwas zu hören war. So still hatte es sich über die Feiertage noch nie verhalten. Aber Nonnemacher hat die politische Verantwortung dafür, dass es bei den Impfungen nicht gleich rund lief. Gegen Ende Februar, Anfang März wird man bei Todesfällen leider fragen müssen, ob dieser oder jener Mensch hätte gerettet werden können, wenn zu Jahresbeginn schneller geimpft worden wäre.
Um Menschenleben ging es auch, als im Sommer 2018 die damalige Gesundheitsministerin Diana Golze (Linke) im Zuge des Lunapharm-Skandals zurücktreten musste. Ihr wurde vorgehalten, dass ihr Ressort zuerst nicht angemessen auf Hinweise zu möglicherweise unwirksamen Krebsmedikamente reagiert habe. Später stellte sich bei der Prüfung zurückgehaltener Proben heraus, dass die Medikamente wohl einwandfrei waren. Nonnemacher gehörte damals nicht zu den ersten, die Golzes Rücktritt forderten, nannte ihn dann aber »unausweichlich«.
»Schön wäre es, wenn die Impflinge pünktlich, aber nicht zu pünktlich kommen«, bat am Montag Sandra Winkler von den Johannitern. Sie ist die operative Leiterin des Impfzentrums in Schönefeld. Ideal wäre es, wenn die Leute eine halbe Stunde vor ihrem Termin da sind, aber nicht noch früher, damit sich keine Schlangen bilden.
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