Australian Open im Corona-Dilemma
Wegen positiver Corona-Tests auf Flügen nach Australien müssen zahlreiche Tennisprofis eine zweiwöchige Quarantäne antreten
Von wegen Happy Slam! Kaum haben die ersten Tennisprofis um die deutsche Nummer eins Angelique Kerber nach aufwendig organisierter Anreise australischen Boden betreten, trifft fast 50 von ihnen das ganze Ausmaß des Corona-Dilemmas knallhart. Sollten die Betroffenen tatsächlich 14 Tage in strikter Hotel-Isolation bleiben müssen und in dieser Zeit gar nicht auf dem Platz trainieren dürfen, verkämen die Australian Open zur Farce.
Unbedingt wollen die Organisatoren das erste Grand-Slam-Turnier der Saison am 8. Februar mit dann dreiwöchiger Verspätung starten lassen. Fast schon grotesk anmutende Anstrengungen mit nur spärlich ausgelasteten Charterflugzeugen und Ausnahmeregelungen für die Topstars der Branche haben sie unternommen - und dann das: Wegen positiver Corona-Tests auf drei Flügen, mit denen die Profis und der reduzierte Betreuerstab nach Melbourne gebracht wurden, müssen Kerber und rund 50 andere Profis eine zweiwöchige Quarantäne antreten.
Nach aktuellem Stand dürfen sie aufgrund der politischen Vorgaben nicht wie eigentlich geplant für zumindest fünf Stunden am Tag ihr Hotelzimmer verlassen. Training auf dem Tennisplatz ist der Melbourne-Siegerin von 2016 damit nicht erlaubt, Fitness ist nur im Hotel möglich. »Wir wurden gerade informiert, dass eine Person auf unserem Flug aus Abu Dhabi einen positiven Corona-Test abgegeben hat«, twitterte Kerber am Wochenende aus Melbourne.
Als Konsequenz daraus müssten sich nun alle an Bord Gewesenen für 14 Tage in ihren Zimmern isolieren. »Das ist alles, was ich im Moment weiß. Lass uns abwarten und schauen«, ergänzte die 32-Jährige und verabschiedete sich mit einem Gute-Nacht-Kuss aus der Metropole des Bundesstaates Victoria. Auch am Sonntag hatte sich die Situation nicht grundlegend verändert. Kerber & Co. blieb nichts übrig, als zu warten und zu hoffen. Würde der umtriebige Turnierdirektor Craig Tiley es schaffen, doch noch weitere Sonderwünsche zu ermöglichen?
Denn klar ist auch: Sollten Kerber und die anderen Betroffenen tatsächlich für zwei Wochen ihre Zimmer nicht verlassen dürfen, dürften sie kaum konkurrenzfähig sein für ein 14-tägiges Grand-Slam-Kräftemessen mit den Besten der Besten. Von Wettbewerbsverzerrung und Chancenungleichheit ist die Rede. Zumal die Topstars wie Novak Djokovic, Rafael Nadal oder Serena Williams ihre behördlich angeordnete Quarantäne ohnehin nicht in Melbourne, sondern im 650 Kilometer entfernten Adelaide angetreten haben.
Und was sollte nach der Quarantäne geschehen? Direkt ohne vernünftige Vorbereitung eines der Turniere spielen in der ersten Februarwoche? Doch lieber ein paar Tage trainieren, um eine mögliche Verletzungsgefahr zu minimieren? Tiley jedenfalls betonte, dass die Australian Open stattfinden sollen und nicht verschoben werden.
»Wie man es dreht und wendet, es ist ein denkbar schlechtes Szenario«, hieß es am Sonntag aus dem Umfeld eines prominenten Profis. Einige Spielerinnen und Spieler seien »frustriert und verzweifelt«. Allerdings waren allen Beteiligten die möglichen Konsequenzen bewusst, die Regeln waren klar und mussten von allen Profis, Betreuern und Mitreisenden unterschrieben werden. Auch die Behörden äußerten sich unmissverständlich: »Die Mitreisenden der positiv getesteten Personen müssen komplett in Quarantäne, der Trainingsstart der übrigen verzögerte sich bis mindestens Montag, weil noch nicht alle Testergebnisse vorlägen«, sagte die für Quarantäne-Angelegenheiten im Bundesstaat Victoria zuständige Behördenchefin Emma Cassar am Sonntag.
Ihren Angaben zufolge wurde ein Rundfunkmitarbeiter nach der Ankunft aus Los Angeles positiv auf das Coronavirus getestet. Außerdem seien ein Mitglied der Crew und ein Tennistrainer sowie ein Coach, der aus Abu Dhabi eintraf, positiv getestet worden. Auch Kerber war mit der Chartermaschine aus Abu Dhabi geflogen. Der Trainer der einstigen US-Open-Siegerin Bianca Andreescu gab am Samstag bekannt, er habe einen positiven Test abgegeben und entschuldigte sich für die Folgen.
Die Behörden in Victoria warnten die in Isolation befindlichen Profis vor Missachtung der strikten Regeln. Cassar drohte mit Geldstrafen von 20 000 australischen Dollar (12 750 Euro) auch bei geringen Verstößen. Der Anlass: Ein Spieler soll mit einem Trainingspartner - verbotenerweise - auf einem Hotelflur gesprochen haben. dpa
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.