Und nun geht der Impfstoff zur Neige

Brandenburg drosselt angesichts von Lieferschwierigkeiten die Geschwindigkeit bei der Immunisierung

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Innerhalb von Tagen hat sich das Blatt gewendet. Zunächst hinkte Brandenburg bei den Corona-Impfungen hinterher, holte aber zuletzt rasch auf - und muss nun sogar die Terminvergabe stoppen und eventuell die Eröffnung weiterer Impfzentren im Bundesland verschieben.

Hintergrund ist, dass der Hersteller Biotech/Pfizer die Produktion in seinem Werk in Belgien erhöhen will, um später mehr Impfstoff liefern zu können. In der Phase der Umstrukturierung verringert sich der Ausstoß jedoch erst einmal. Davon betroffen sind alle europäischen Staaten, die auf den wertvollen Impfstoff warten.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Die am Freitagnachmittag »völlig unerwartet bekanntgewordenen Lieferschwierigkeiten betreffen auch Brandenburg in erheblichem Maße«, erläuterte am Montag Gabriel Hesse. Der Pressesprecher von Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) sagte: »Wir wissen aktuell nicht, wie viele Impfstoffdosen Brandenburg in den nächsten Wochen tatsächlich erhalten wird. Deshalb müssen wir die Impfgeschwindigkeit in den Krankenhäusern und in den Impfzentren vorübergehend deutlich drosseln.« Aufgrund der Lieferverzögerung habe Brandenburg »leider keine andere Wahl«. Deshalb können über die Telefonnummer 116 117 vorübergehend keine neuen Impftermine vergeben werden.

Ob bereits vergebene Termine verschoben werden müssen und neue Impfzentren erst später öffnen als ursprünglich geplant, sollte sich erst im Laufe des Tages herausstellen, möglicherweise auch erst am Dienstagmorgen bekanntgegeben werden. Bis Redaktionsschluss lag dazu noch nichts vor. »Entscheidend sind jetzt belastbare Zahlen zu Art und Höhe der Lieferausfälle durch Impfstoffhersteller und Bundesgesundheitsministerium«, hatte Hesse erläutert.

Zu den bislang drei Impfzentren in Potsdam, Cottbus und Schönefeld sollten dieser Tage drei weitere hinzukommen: Eines an diesem Dienstag in der Mehrzweckhalle Am Elsterschloß 4 in Elsterwerda, eines am Mittwoch in der Messe Frankfurt (Oder) - hierfür ging am Montagnachmittag eine Presseeinladung der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg heraus - und eines am Donnerstag im Spaßbad von Oranienburg. Christian Wehry, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung ging am Montagnachmittag mit »Stand jetzt« davon aus, dass keine Eröffnungstermine verschoben werden müssen. »Wir warten auf die Information, wie viel Impfstoff gesichert nach Brandenburg kommt«, sagte er.

Anfangs waren die Corona-Impfungen nur in Thüringen noch schleppender angelaufen als im Land Brandenburg. Insgesamt sind seit dem 27. Dezember nun aber bereits 38 474 Impfungen vorgenommen worden. Bis zum 12. Januar waren es erst 15 091. Doch dann ging es so schnell voran, dass im Gesundheitsministerium sogar schon erwogen wurde, die für die notwendige Zweitimpfung nach 21 Tagen vorsichtshalber zurückgehaltenen Reserven anzugreifen und sich doch darauf zu verlassen, dass ja Woche für Woche 19 500 weitere Impfdosen geliefert werden sollten. Gesundheitsministerin Nonnemacher hatte bis dahin immer wieder darauf beharrt, die Hälfte der gelieferten Dosen zurückzulegen. Nun könnte sich das als die richtige Entscheidung herausstellen.

»In Pflegeheimen wird weiter geimpft«, hatte Nonnemacher am Sonntag betont. Zudem sollten alle, die schon ihre erste Corona-Impfung bekamen, auch die zweite erhalten, versprach die Ministerin.

An diesem Kurs hat der Landtagsabgeordnete Ronny Kretschmer (Linke) nichts auszusetzen. Für die Lieferschwierigkeiten könne die Ministerin nichts, bestätigte er. Nun habe sie aber Zeit, »die Impfzentren und die Terminvergabe besser zu organisieren«. Die Linke wolle bei der Landtagssitzung in der kommenden Woche beantragen, schriftlich zu den Impfungen einzuladen. Wenn wieder genug Impfstoff vorhanden sei und die Hotline wieder Termine vergebe, werde es sonst erneut ein Lotteriespiel, wer durchkommt und einen Termin erhalte, warnte Kretschmer.

Es ist inzwischen vorgesehen, verteilt über das Land insgesamt 18 Impfzentren einzurichten. Zunächst waren nur elf Zentren fest eingeplant.

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