Auf dem rechten Weg

Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer lobt Reformen des KSK. Oppositionelle sehen das kritisch

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 4 Min.

Das Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr kommt dann zum Einsatz, wenn eine besondere Operation ansteht. Was das KSK konkret macht, wird geheim gehalten. Das galt auch für eine Aktivität in der Sahelzone, wo das KSK seit Herbst 2018 mit einer Einheit stationiert ist. Es geht um eine Operation, die mit »EL« abgekürzt wird und im Sprachgebrauch der Bundeswehr für »Entführungslage« steht. Zu Beginn dieses Jahres kam heraus, dass in den Beständen dieser geheimen KSK-Mission in Mali rund 1700 Schuss Munition fehlen. Darüber berichtete der »Spiegel«. Der Fall ist auch deswegen brisant, weil es bereits in den vergangenen Monaten Meldungen zu Munitionsverlusten beim KSK gab. Bei einem offenbar rechtsradikalen Soldaten war im nordsächsischen Collm vergangenes Jahr Munition gefunden worden. Ein Großteil stammte aus Bundeswehrbeständen. Das nährte den Verdacht, dass es sich um einen Diebstahl handelte.

Wegen der Skandale im KSK hatte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer eine umfassende Reform der Einheit angekündigt. »Das KSK, auch in seiner jetzigen Form, hat eine Bewährungschance erhalten. Und wenn es diese Bewährungschance nutzt, dann gibt es aus meiner Sicht auch keinen Grund, das KSK aufzulösen«, sagte die CDU-Politikerin kürzlich gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

So gibt es ein neues Potenzialfeststellungsverfahren für den Dienst in der Einheit. Dieses dauert zwölf Wochen und ersetzte im November 2020 das bisherige zehnwöchige Eignungsfeststellungsverfahren. Bei den Kandidaten soll nun auch ihr »Wertefundament« genauer untersucht werden. »Das KSK ist Teil der spezialisierten Kräfte in der Bundeswehr und diese spezialisierten Kräfte wird es in der Bundeswehr immer geben«, sagte Kramp-Karrenbauer. Der Reformprozess soll im Sommer abgeschlossen werden. »Das KSK wird dann wieder nach und nach in die internationalen Verpflichtungen stärker eingebaut werden«, erklärte die Ministerin.

Mutmaßliche Erfolgsmeldungen verkündete in den vergangenen Tagen auch die Wehrbeauftragte des Bundestages, Eva Högl. Die SPD-Politikerin sieht in der Truppe eine wachsende Bereitschaft, aktiv gegen rechtsextreme und rassistische Äußerungen vorzugehen. »Wir sehen das an den meldepflichtigen Ereignissen: Ein Hitlergruß wird angezeigt, eine Schmiererei oder ein eingeritztes Hakenkreuz. Es ist positiv, dass das jetzt gemeldet wird«, sagte Högl der Deutschen Presse-Agentur in einer Bilanz des abgelaufenen Jahres.

Angesichts der rechten Umtriebe in der Bundeswehr war auch der Militärgeheimdienst MAD in den Fokus geraten. Ein Bericht der Geheimdienstkontrolleure im Bundestag, die im Parlamentarischen Kontrollgremium sitzen, legt nahe, dass der MAD beim Kampf gegen Rechtsradikale versagt hat. Der »Spiegel« hatte im November über das Papier berichtet. Der Geheimdienst war demnach zunächst davon ausgegangen, dass es sich lediglich um Einzelfälle handele, musste diese Einschätzung aber später revidieren. Offensichtlich hat der MAD auch wichtige Informationen über einen rechtsradikalen Verdachtsfall im KSK zurückgehalten, anstatt sie an den Verfassungsschutz weiterzuleiten. Das alles trug dazu bei, dass Geheimdienstchef Christof Gramm seinen Hut nehmen musste. Seine Nachfolgerin wurde die Juristin Martina Rosenberg.

Wenn man sich bei Oppositionspolitikern im Verteidigungsausschuss des Bundestags umhört, gibt es viele Zweifel daran, dass die nun eingeleiteten Schritte beim KSK und dem Militärgeheimdienst ausreichen. Der Linke-Politiker Tobias Pflüger teilte dem »nd« mit, er halte es für verrückt, dass das KSK schon im Sommer wieder »normal« in Einsätze geschickt werden soll. »Das konkrete Problem beim KSK ist, dass Beteiligte an rechten Aktionen, wie der Schweinekopfparty, bisher weitestgehend nur versetzt sind und die allermeisten die Chance bekommen sollen, weiter bei der Bundeswehr zu bleiben«, kritisierte Pflüger. So verändere man das KSK nicht. »Das grundsätzliche Problem wird einfach nicht angegangen, nämlich, dass eine Elitetruppe mit Kampforientierung und umfangreichem Waffenzugang besonders rechte, rechtsextreme Kreise anzieht. Aus beiden Gründen bleibe ich dabei, dass das KSK vollständig aufgelöst gehört«, sagte der Linke-Politiker.

Pflüger hält den MAD für einen Teil des Problems und nicht der Lösung. »Bis heute ist unklar, wer vom MAD wann was an KSK-Soldaten weitergegeben hat und damit Ermittlungserfolge verhindert hat«, sagte er. Deswegen fordere die Linksfraktion eine unabhängige Stelle zur Untersuchung der konkreten Vorgänge. Der Militärgeheimdienst sei absolut ungeeignet dafür.

Die Grünen-Abgeordnete Agnieszka Brugger erklärte gegenüber »nd«, dass es nicht ausreiche, nur die Person an der Spitze des MAD auszuwechseln. »Auch mehr personelle Kapazitäten allein werden die Probleme nicht lösen«, sagte sie. Ebenso wie Pflüger wies sie darauf hin, dass Informationen auch aus dem MAD heraus weitergegeben und so Ermittlungsergebnisse massiv gefährdet wurden. »Das sind Probleme, die die Präsidentin nun dringend angehen muss«, forderte Brugger.

Den Prozess zur Umsetzung der Reformen im KSK begleiteten die Grünen im Verteidigungsausschuss sehr eng und äußerst kritisch. »In den kommenden Monaten wird sich zeigen, ob die Ministerin in der Realität das einlösen kann, was sie in ihrem umfassenden Katalog versprochen hat«, sagte Brugger. Jedenfalls habe Kramp-Karrenbauer die Gefahr durch Rechtsextremismus viel zu lange verharmlost. Sie müsse nun endlich angesichts des immensen Sicherheitsrisikos entschieden handeln.

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