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Rechtsextremist ohne Parteibuch
Andreas Kalbitz scheitert mit einem Versuch, sich zurück in die AfD zu klagen.
»Wollen Sie trotzdem eine Entscheidung haben?« Das fragt Richter Wolfgang Haferranke nach nicht einmal einer Stunde Berufungsverfahren am Landgericht Berlin den Rechtsanwalt Andreas Schoemaker. Er hat schon durchblicken lassen, dass es nicht gut ausgehen würde für ihn. Aber Schoemaker will - und so ergeht fünf Minuten später der Beschluss: Der brandenburgische Landtagsabgeordnete Andreas Kablitz bleibt aus der AfD ausgeschlossen. Demnach kann er auch nicht wieder Landesvorsitzender werden, wenn sein ehemaliger Landesverband dieses Jahr einen neuen Chef wählt.
Denn die von Kalbitz begehrte einstweilige Verfügung gegen die Annullierung seiner AfD-Mitgliedschaft hat das Landgericht am Freitag in der zweiten und letzten Instanz abgelehnt. Als letzte Hoffnung bleibt ihm noch das Hauptsacheverfahren. Die Klage sei eingereicht, versichert sein Anwalt Schoemaker und beruft sich dabei auf eine Vorschussrechnung vom 21. Oktober vergangenen Jahres.
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Doch der Gegenseite, der AfD, ist die Klageschrift bisher immer noch nicht zugestellt worden. Das zumindest sagt der Anwalt der Partei, Joachim Steinhöfel. Es spreche einiges dafür, dass Kalbitz sich die Sache offenhalte und deswegen die Rechnung noch nicht bezahlt habe. Aber klären lässt sich das am Freitag nicht mehr. »Es ist besser, wenn jemand mit den politischen Neigungen von Herrn Kalbitz nicht Mitglied ist«, sagt Steinhöfel. »Spaßhaft nenne ich mich den Entnazifizierungsbeauftragten der AfD. Heute steht es zwei zu null.« Denn obsiegt habe er bereits in dem Fall des früheren AfD-Landesvorsitzenden von Mecklenburg-Vorpommern, Dennis Augustin, der die Partei verlassen musste, weil er früher der neofaschistischen NPD angehörte.
Bei Kalbitz dreht es sich darum, dass er 2015 in seinem Aufnahmeantrag verschwiegen hat, einst bei den Republikanern und der Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) mitgemacht zu haben. Dabei wurde in dem Formular ausdrücklich danach gefragt. Bundesvorstand und Bundesschiedsgericht der AfD hatten deshalb im vergangenen Jahr die Mitgliedschaft von Andreas Kalbitz annulliert.
Dass er 1993 in Bayern Mitglied der Republikaner war, gibt Kalbitz zu. Da seien diese vom Verfassungsschutz aber noch nicht als rechtsextremistisch eingestuft gewesen, sondern erst 1995, als er bereits raus war, argumentiert der Politiker. Bei der neofaschistischen HDJ will sich Kalbitz lediglich interessehalber umgesehen haben. Der Abgeordnete erscheint nicht persönlich im Gericht an der Berliner Elßholzstraße. Sein Anwalt Schoemaker legt jedoch eine eidesstattliche Versicherung vor. Soweit sich erkennen lässt, beteuert Kalbitz, nie Mitglied der HDJ gewesen zu sein. Verlesen wird die Versicherung nicht. AfD-Anwalt Steinhöfel überfliegt sie lediglich, bevor Richter Haferranke das Schriftstück zu den Akten nimmt. An der Entscheidung, die Haferranke mit seinen Richterkollegen trifft, ändert das nichts. Der Entschluss des Bundesschiedsgerichts der AfD vom 25. Juli 2020, die Parteimitgliedschaft von Kalbitz wegen »arglistiger Täuschung« für nichtig zu erklären, weise keine offensichtlichen Fehler auf, heißt es zur Begründung des Gerichtsbeschlusses.
»Mit dieser Entscheidung sind wir naturgemäß nicht zufrieden«, kommentiert Anwalt Schoemaker noch im Gericht. »Herr Kalbitz wird natürlich das Verfahren bis zum Ende durchziehen - bis zum Bundesgerichtshof.« Gemeint ist das Hauptsacheverfahren. Aber so etwas zieht sich erfahrungsgemäß drei oder vier Jahre hin.
Bis jetzt hält die brandenburgische AfD ihrem ehemaligen Vorsitzenden Kalbitz den Posten quasi frei. Auf der Internetseite der Partei ist auf Fotos der Vorstandsmitglieder beim Vorsitzenden nur eine Silhouette abgebildet. Die Stellvertreter Birgit Bessin und Daniel Freiherr von Lützow erledigen die Geschäfte. Birgit Bessin hatte ein paar Tage vor dem Prozess gesagt, wenn Kalbitz gewinne und eine einstweilige Verfügung erlassen werde, »dann ist er wieder unser Vorsitzender«. Kalbitz sei »dann herzlich willkommen«. Aber willkommen sei er eigentlich so oder so. Schließlich arbeite man ja in der Landtagsfraktion auch jetzt gut mit ihm zusammen.
Hinter diesen Ausführungen von Bessin, die zu den Getreuen von Kalbitz gezählt wird, stehen aber einige Fragezeichen. Beliebt ist Kalbitz in seiner ehemaligen Partei keineswegs. Viele suchten nur solange seine Nähe, wie er Macht hatte und auch im Bundesvorstand saß und Landtagsfraktionschef war. Andere hielten immer Distanz, weil sie Kalbitz wegen seiner selbst für Verhältnisse der ostdeutschen AfD rüden Umgangsformen nie leiden konnten. Ausdruck seines Benehmens war ein Faustschlag, mit dem er dem AfD-Abgeordneten Dennis Hohloch innere Verletzungen zufügte. Aus der Landtagsfraktion kann Kalbitz wegen der Regularien nur mit großer Mehrheit der Stimmen entfernt werden. Sonst wäre es vielleicht schon geschehen. Die Zahl seiner treuen Anhänger soll dort mittlerweile überschaubar sein.
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