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Raus aus der Verzagtheit
Die SPD in Sachsen-Anhalt kämpft gegen miese Umfragewerte an. Nach der Landtagswahl hofft sie auf ein progressives Bündnis
Katja Pähle kennt ihre Gegner gut. Der Fraktionsvorsitzenden der SPD im Landtag von Sachsen-Anhalt kam am Samstag die Aufgabe zu, im Rahmen eines Online-Parteitags den Wahlprogrammentwurf für die Landtagswahl vorzustellen. Bevor sie aber auf die einzelnen Punkte des Entwurfs zu sprechen kam, referierte Pähle, die auch Spitzenkandidatin für die Wahl am 6. Juni ist, über bis dahin zu überwindende Hindernisse. Zum einen: das Corona-Virus natürlich. »Die Überwindung der Pandemie und ihrer vielfältigen Folgen wird in den nächsten Monaten die wichtigste Aufgabe allen staatlichen Handelns sein«, sagte Pähle.
Der andere von Katja Pähle benannte Gegner mochte aus Sicht von Beobachtern etwas überraschender erscheinen: »unsere Verzagtheit«. Die SPD-Frontfrau will sich nicht damit zufriedengeben, dass »derzeit so einige Neunmalkluge unterwegs sind, die schon jetzt glauben zu wissen, dass die nächste Wahl genauso ausgeht wie die letzte«. Stattdessen kämpft Pähle für »Regierungsverantwortung an führender Stelle«. Das mag optimistisch klingen, oder eben illusorisch. Fakt ist: Die SPD steht derzeit in Umfragen bei zehn Prozent. Die Kräfteverhältnisse haben sich zuletzt kaum verschoben.
Man kann Pähle zugutehalten, dass bis zur nächsten Wahl noch viel Zeit bleibt und angesichts einer dynamischen Pandemielage völlig unklar ist, wie sich die politische Situation bis dahin entwickeln wird. Dennoch ist derzeit eine Fortsetzung der Kenia-Koalition mit CDU und Grünen am wahrscheinlichste - wenngleich die Sozialdemokraten andere Konstellationen bevorzugen. Sie beschlossen am Samstag mit fast 100 Prozent Zustimmung ein Wahlprogramm, in dem auf Seite sechs klar formuliert ist: »Wir streben eine progressive Mehrheit anstatt erzwungener Bündnisse an.« Man habe in der Kenia-Koalition zwar »wichtige Erfolge« erzielen können, in anderen Bereichen habe es aber »Stillstand« gegeben. Deshalb solle es nun wieder eine Koalition »nach politischen Übereinstimmungen« geben.
Die Christdemokraten werden an dieser Stelle nicht explizit erwähnt, jedoch ist völlig klar, dass diese von der SPD gewünschten inhaltlichen Überschneidungen wohl eher auf der linken Seite des politischen Spektrums zu finden sind. Insbesondere der Koalitionsstreit über die Erhöhung des Rundfunkbeitrages offenbarte die unterschiedlichen und für Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) kaum zu vereinigenden Weltanschauungen der Bündnispartner. Das Problem ist aber, dass Sachsen-Anhalt derzeit meilenweit von einer progressiven Mehrheit entfernt ist. Rot-Rot-Grün kommt in Umfragen auf gerade einmal ein gutes Drittel der Wählerstimmen.
An anderer Stelle des Wahlprogramms erhalten dann die Konservativen eine umso prominentere Rolle. Die SPD drängt auf »das lange von der CDU blockierte moderne Vergabe- und Tariftreuegesetz«, das sicherstellen soll, dass »öffentliche Aufträge nur an Unternehmen vergeben werden, die sich an Tarifverträge halten«. Außerdem setzen sich die Sozialdemokraten laut Pähle gerade aufgrund der Erfahrungen durch die Coronakrise für Reformen im Gesundheitswesen ein und wollen das DDR-Modell der Polikliniken »darauf abklopfen, was wir davon für eine flächendeckende, hochwertige öffentliche Gesundheitsversorgung nutzen können«.
Aufgrund der weiterhin hohen Corona-Infektionszahlen fand der Parteitag rein digital statt. Katja Pähle, Landeschefin Juliane Kleemann und das Parteitagspräsidium moderierten vom Alten Theater in Magdeburg aus. Die mehr als 100 Delegierten meldeten sich per Video, aus ihren Häusern und Wohnungen - und machten es sich entsprechend gemütlich. Haldensleben-Direktkandidatin Katharina Zacharias folgte dem Geschehen mit Kaffee am Schreibtisch, »während die Kids neben mir auf der Couch sitzen und die Maus schauen«, wie sie auf Twitter berichtete. Der Magdeburger Sozialdemokrat Thomas Opp nahm während des Parteitags sogar ein Vollbad. Kanzlerkandidat Olaf Scholz, der sich in einer Videobotschaft an die Genossen aus Sachsen-Anhalt richtete, war hingegen wie immer adrett gekleidet.
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