Würger von Cottbus ist AfDler

Die schwerste Straftat bei der Corona-Party verübte ein Parteimitglied

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

»Im Parlament stellen sie sich als Biedermänner dar, die angeblich die Polizei unterstützen wollen, und außerhalb des Parlaments feiern sie Corona-Partys und prügeln auf Polizisten ein«, sagt der Brandenburger Landtagsabgeordnete Andreas Büttner (Linke) am Montag mit Blick auf eine Feier Ende Dezember in der Wohnung der Cottbuser Stadtverordneten Monique Buder (AfD).

Der Vorfall ist bekannt: An der Cottbuser Stadtpromenade wurde bis in die Nacht feuchtfröhlich Geburtstag gefeiert. Dabei wurden auch Feuerwerkskörper gezündet. Nachbarn riefen wegen des ruhestörenden Lärms die Polizei, die vor Ort neun Personen antraf. Nach der brandenburgischen Corona-Verordnung hätten sich aber maximal fünf Personen treffen dürfen. Die alkoholisierte Monique Buder soll aggressiv auf die Beamten reagiert haben und wurde auf die Polizeiwache mitgenommen, ebenso ein 35-jähriger Gast, der einen Polizisten zu Fall gebracht, sich auf ihn gekniet und gewürgt haben soll. Erst durch den Einsatz von Pfefferspray konnte der Mann überwältigt werden.

Aus zwei verschiedenen und zuverlässigen Quellen hat »nd« nun erfahren, dass es sich bei dem 35-jährigen Würger ebenfalls um ein Mitglied der AfD handelt. Der Mann soll sich zwei Mal vergeblich bemüht haben, in der Lausitz in die Partei aufgenommen zu werden. Danach soll er in den Kreisverband Dahme-Spreewald eingetreten sein. So wird es erzählt und von weiteren Quellen auch bestätigt. Nicht jeder kennt jedes Detail. Manche erklären, sie könnten nicht zweifelsfrei sagen, ob der Mann wirklich Mitglied im Kreisverband Dahme-Spreewald ist.

»Dass der Polizisten verprügelnde Beschuldigte aus Cottbus AfD-Mitglied ist, zeigt nur, wie gefährlich diese Partei ist«, reagiert Linke-Politiker Andreas Büttner am Montag auf den Hinweis. »Und dass dabei ein Landtagsabgeordneter und Innenausschussmitglied zuschaut, sagt alles über diese Partei aus. Sie ist und bleibt gefährlich für unser demokratisches Zusammenleben«, ergänzt Büttner mit Blick auf einen weiteren Gast der illegalen Feier: den AfD-Landtagsabgeordneten Daniel Freiherr von Lützow.

Dieser Abgeordnete wollte dabei den Polizisten den Zutritt zu einem Zimmer verwehren, in dem sich seine Partnerin und sein Kind befanden. Er werde jeden »alle machen«, der dieses Zimmer betrete, soll von Lützow gewarnt haben. Und er soll hinzugesetzt haben, er sei als Bundeswehrsoldat im Kosovo im Einsatz gewesen. Die Polizisten verstanden dies als Hinweis auf seine militärische Ausbildung und damit als Drohung. Überdies soll sich von Lützow aufgespielt haben, er sitze im Innenausschuss des Landtags und die Angelegenheit werde ein Nachspiel haben.

Tatsächlich gab es Mitte Januar ein Nachspiel im Innenausschuss, der sich mit dem Vorfall beschäftigte. Dort musste die Angelegenheit aber ohne von Lützow besprochen werden. Er hatte sich krank gemeldet. Was sich in Cottbus wirklich abgespielt hat, muss juristisch geklärt werden. Die Stadtverordnete Buder und der Landtagsabgeordnete von Lützow hatten das Geschehen zunächst ganz anders geschildert – und dann gar nichts mehr gesagt. So hatte von Lützow erst behauptet, er sei nur kurz zum Gratulieren an die Wohnungstür gekommen und habe von dem Gerangel nichts mitbekommen. Nach allem, was Innenminister Michael Stübgen (CDU) aus dem Polizeibericht mitteilte, bestehen an dieser Version allerdings erhebliche Zweifel. Die Polizeidirektion Süd erklärte schließlich, gegen den AfD-Politiker werde wegen des Tatverdachts der Nötigung und Bedrohung ermittelt.

Die Partei hatte die Vorfälle in Cottbus nicht tatenlos hingenommen. In Cottbus wurde die Stadtverordnete Buder aus der AfD-Fraktion ausgeschlossen. Der Landtagsabgeordnete Steffen Kubitzki hatte verlangt, dass sich Landtagsfraktion und Landesvorstand mit der Angelegenheit befassen. Auch Landtagsfraktionschef Christoph Berndt machte deutlich, dass ein solches Verhalten gegenüber der Polizei, wenn es sich denn tatsächlich so zugetragen habe, nicht akzeptabel sei. Der Labormediziner Berndt, der vor seinem Einzug in den Landtag an der Berliner Universitätsklinik Charité tätig war, ist den sogenannten Querdenkern zuzurechnen. Im Parlament fordert er die Aufhebung der Corona-Beschränkungen, die er für überzogen und wirkungslos hält. Das solle aber nicht heißen, dass Berndt deswegen damit einverstanden wäre, Beamte zu bedrohen und anzugreifen, wenn diese wegen Ruhestörung gerufen werden und die Corona-Bestimmungen durchsetzen müssen. »Wir lehnen jede Gewalt gegen Polizisten ab«, hatte Berndt erklärt.

Es gibt Juristen und Polizisten in der AfD – in der Landtagsfraktion zum Beispiel den Bundespolizisten Wilko Möller. Wie man hört, ist es denen nicht egal, wenn ihre Parteifreunde Polizisten angreifen. Denn wie stehen sie dann vor ihren Kollegen da. Eine Aussprache mit von Lützow in der Fraktion war bisher noch nicht möglich.

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