• Berlin
  • Migrantenquote für den öffentlichen Dienst

Besondere Berücksichtigung statt Quote für Migranten

Integrations- und Innenverwaltung einigen sich auf Kompromiss bei Regelungen zur Personaleinstellung im Land

  • Hülya Gürler
  • Lesedauer: 3 Min.

Kurz schien eine Migrantenquote für den öffentlichen Dienst Berlins zum Greifen nah. Doch so eine Quote, wie es sie für Frauen und Menschen mit Behinderung gibt, soll es nun nicht geben. Darauf verständigte sich Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linke), deren Verwaltung den ursprünglichen Gesetzentwurf erarbeitet hatte, am Freitag mit Innensenator Andreas Geisel (SPD), dessen Ressort auch die Personalverantwortung in der Landesverwaltung innehat.

Beide Senatoren einigten sich auf einen Kompromiss bei der Novelle des Partizipations- und Migrationsgesetzes. »Bei der Besetzung von Stellen und Ausbildungsplätzen sollen Menschen mit Migrationshintergrund in besonderem Maße berücksichtigt werden«, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung der beiden Senatsverwaltungen. Eine Quote ist also vom Tisch. Unumstritten ist in der Koalition nach wie vor, dass der Anteil der Menschen mit Migrationsgeschichte in der Landesverwaltung und in Landesbetrieben mindestens dem Anteil von 35 Prozent an der Berliner Bevölkerung entsprechen soll. Dafür sollen sie diese gezielt angeworben und angesprochen werden. »Dies ist kein barmherziger Akt. Der öffentliche Dienst muss seine Kompetenzen erweitern, um sich der Migrationsgesellschaft anzupassen«, sagt Elke Breitenbach zu »nd«.

Die Verwaltungen sollen Einstellungsverfahren dokumentieren, auf Basis freiwilliger Angaben der Migrationshintergrund anonymisiert erfasst werden, um »Förderpläne und Zielvorgaben für alle öffentlichen Stellen« einzuführen. Zwei besondere Einrichtungen sieht der neue Entwurf nun vor: Eine neue Fachstelle im Bereich Migration und Integration soll »die fachliche Ausrichtung der Verwaltungen auf die Vielfaltsgesellschaft begleiten« und überwachen. Für Sinti und Roma wird ein Beirat eingerichtet. Beiräte für Migration und Integration werden in den Bezirken gesetzlich verankert. »In einer Koalition muss man Kompromisse eingehen. Wir haben gute gefunden mit sehr vielen verbindlichen Regelungen, die zu Verbesserungen führen«, sagt Breitenbach.

Zufrieden zeigt sich auch Susanna Kahlefeld. »Wir haben Maßnahmen festgeschrieben, die eine echte Erhöhung des Anteils von Menschen mit Migrationshintergrund möglich machen«, sagt die Migrationsexpertin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Zudem sei von all den wichtigen Sachen, die wir zusammen mit den Migrantenorganisationen erarbeitet haben, nichts herausgestrichen worden. Dass sich Abteilungsleiter in der Verwaltung nun verpflichtend Gedanken machen müssten, wie sie den Anteil von Menschen mit Migrationsgeschichte erhöhen können, führe zu einem »Mentalitätswechsel«, ist Kahlefeld überzeugt.

Der Polnische Sozialrat ist jetzt schon enttäuscht. »Eine wirkliche Repräsentation von Menschen mit Migrationsgeschichte geht nicht ohne eine Quote«, sagt deren Sprecherin Kamila Schöll-Mazurek. Ziel der Koalition ist es, das novellierte Partizipations- und Migrationsgesetz noch in dieser Legislatur zu beschließen. So sieht es der rot-rot-grüne Koalitionsvertrag vor. Der Gesetzentwurf muss nun vom Senat gebilligt werden, anschließend beschäftigt sich der Rat der Bürgermeister damit. Dann kommt der Entwurf ins Abgeordnetenhaus.

Das Vorhaben einer Migrantenquote von Integrationssenatorin Elke Breitenbach stieß nach seinem Bekanntwerden Mitte Januar innerhalb der rot-rot-grünen Koalition auf Widerstand der SPD. Die CDU-Fraktion lehnte eine Migrantenquote mit der Begründung ab, diese sei »unnötig, unsinnig, schädlich und verfassungswidrig«. Ein AfD-Abgeordneter drohte mit Klage. »Wir begrüßen es, dass Berlin nun das weitgehend wirkungslose Partizipations- und Integrationsgesetz weiterentwickeln und mit wirkungsvollen Kontrollmaßnahmen und Regelungen ausstatten will«, schrieben hingegen migrantische Gewerkschafter*innen in einem Offenen Brief an die SPD. Die Quote kommt nun aber dennoch nicht.

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