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Die AfD hat ihren Flügel nicht gestutzt
Geheimtreffen mit Parteichef Tino Chrupalla und Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland in einer Gaststätte in Steinhöfel
Offiziell hat sich der extrem rechtsnationale Flügel der AfD bereits im vergangenen Frühjahr aufgelöst. Nun haben sich aber seine Köpfe am 17. Januar in einer Gaststätte in Steinhöfel (Oder-Spree) getroffen, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) vergangenen Freitag berichtete. Demnach sollen unter den gut 50 Teilnehmern des Geheimtreffens Parteichef Tino Chrupalla und Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland gewesen sein. Es sei darum gegangen, wie der andere Bundesvorsitzende Jörg Meuthen abgelöst werden könne, so das RND.
Im Gasthaus brannte Licht
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Auch das »nd« war nach einem Hinweis bereits seit gut anderthalb Wochen an der Sache dran, konnte aber bislang keine offizielle Bestätigung bekommen. Das kam so: Zufällig ging Christopher Voß, Linke-Kreisvorsitzender in Oder-Spree, am 17. Januar in Steinhöfel spazieren. Dabei fiel ihm auf, dass vor dem Gasthof rund zwei Dutzend Autos mit Kennzeichen aus dem gesamten Bundesgebiet parkten. Ihn wunderte das, da doch wegen der Corona-Pandemie Gaststätten geschlossen sind. Dennoch sah Voß im Saal Licht brennen, Personen konnte er jedoch nicht erkennen. Aber auch andere Passanten bemerkten den Betrieb und riefen nach eigenen Angaben bei der Polizei an, um einen etwaigen Verstoß gegen die Corona-Maßnahmen zu melden. Polizei und Landeskriminalamt seien vor Ort gewesen, um sich das anzuschauen, sollen die Beamten ihnen gesagt haben. Demnach handelte es sich um eine angemeldete und rechtmäßige Veranstaltung der AfD. In Anbetracht dessen mutmaßte Christopher Voß, es könnte sich um ein Treffen des Flügels gehandelt haben.
Anfragen des »nd« bei verschiedenen Behörden liefen jedoch allesamt ins Leere. Das Polizeipräsidium verwies auf die zuständige Polizeidirektion Ost. Die Polizeidirektion Ost erklärte, für Veranstaltungen in geschlossenen Räumen sei sie nicht verantwortlich. »Diese unterliegen nicht der Anmeldepflicht bei der Polizei beziehungsweise Versammlungsbehörde.« Das »nd« solle sich daher an die Gemeinde wenden. Auf die Frage, ob die Polizei wenigstens bestätigen könne, dass sich Bürger wegen dieses Treffens in der Wache in Fürstenwalde gemeldet haben, hieß es dann kurz und knapp, lediglich einen solchen Anruf habe es gegeben.
Das Amt Odervorland, zu dem Steinhöfel gehört, konnte ebenfalls nichts zur Aufklärung beitragen. Dem Ordnungsamt sei keine solche Veranstaltung bekannt gewesen. »Mithin wurden auch keine Kontrollen durchgeführt«, sagt Amtsdirektorin Marlen Rost. Anrufe von Bürgern habe es am 17. Januar nicht gegeben. Schlussendlich hörte sich »nd« in der AfD um. Dort hieß es zunächst, das Treffen in Steinhöfel sei die Veranstaltung »Quote nein danke« gewesen, zu der die AfD-Landtagsabgeordnete Birgit Bessin eingeladen hatte - das hatte allerdings sechs Tage später am 23. Januar stattgefunden. Bessin soll indessen laut »Tagesspiegel« ebenfalls an dem Geheimtreffen teilgenommen haben, ebenso wie Landtagsfraktionschef Christoph Berndt.
Rechtlich zulässig, politisch fragwürdig
Parteien sind von den Corona-Einschränkungen teilweise befreit, erklärt Mario Behnke, Sprecher der Kreisverwaltung Oder-Spree. Die fünfte Corona-Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg regele in Paragraf sieben Veranstaltungen und Zusammenkünfte. »Danach sind Veranstaltungen ohne Unterhaltungscharakter in geschlossenen Räumen mit bis zu 50 zeitgleich Anwesenden möglich.« Eine Anmeldepflicht gebe es dafür nicht. Das Gesundheitsamt komme ins Spiel, wenn von der Personenobergrenze abgewichen werden soll. Denn in besonderen Einzelfällen könne das Gesundheitsamt Ausnahmen von der Obergrenze zulassen, etwa wenn Kandidaten für Wahlen aufgestellt werden. Das AfD-Geheimtreffen war also offensichtlich rechtens. Eine andere Frage ist die politische Bewertung.
»Der Machtkampf in der AfD dauert an. Es ist kaum verwunderlich, dass ein solches Treffen gerade in Brandenburg stattfindet«, meint die Landtagsabgeordnete Andrea Johlige (Linke). Schließlich habe die AfD hier schon immer fest an der Seite der Rechtsnationalen in der Partei gestanden. Dass der vorgeblich aufgelöste Flügel »weiterhin wirkt, ist ebenfalls keine Überraschung«, sagt Johlige. »Die Strukturen und Kontakte funktionieren nach wie vor. Im Endeffekt zeigt dies vor allem, dass die angebliche Auflösung des Flügels ein Manöver war, um die AfD vor der Beobachtung durch den Verfassungsschutz zu retten. Was will man auch auflösen, wenn eine Struktur faktisch die dominierende in der Partei im Osten ist?«
Bezeichnend ist derweil, dass es in Steinhöfel darum gegangen sein soll, Parteichef Meuthen abzusägen. Denn Meuthen hatte im vergangenen Jahr dafür gesorgt, dass der Brandenburger Landesvorsitzende Andreas Kalbitz aus der Partei entfernt wurde. Begründung: Er habe 2015 bei seinem Eintritt verschwiegen, früher Mitglied der neofaschistischen Heimattreuen Deutschen Jugend gewesen zu sein. Kalbitz bestreitet das und wehrt sich juristisch gegen die Annullierung seiner Parteimitgliedschaft, erlitt aber kürzlich in dieser Frage eine erneute Niederlage vor Gericht.
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