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Linke schenkt den Hohenzollern nichts
Sieg vor dem Bundesverfassungsgericht und Übergabe von 23.000 Unterschriften für Volksinitiative
Es war knapp und es wird knapp. Etwa 23.000 Unterschriften für ihre Volksinitiative »Keine Geschenke den Hohenzollern« hat Brandenburgs Linke am Montagnachmittag an Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) übergeben. Mindestens 20.000 gültige Unterschriften sind erforderlich. Darum werden für Volksinitiativen eigentlich vorsorglich wenigstens 25.000 eingereicht. Denn erfahrungsgemäß sind immer einige Angaben unleserlich oder es haben Bürger unterzeichnet, die nicht in Brandenburg gemeldet sind.
Doch innerhalb von anderthalb Jahren konnte die Linke nicht mehr Unterschriften für ihr Anliegen zusammenbringen. Es war sogar noch ein anstrengender Endspurt notwendig, um in den letzten Stunden vor Fristablauf überhaupt auf mehr als 20.000 Unterschriften zu kommen. Geschäftsstellen der Partei in Cottbus, in Fürstenwalde, in Strausberg und in Königs Wusterhausen hatten am Wochenende extra einige Stunden geöffnet, damit Bürger dort unterschreiben konnten. Bei weiteren Parteibüros bestand die Möglichkeit, Listen in die Briefkästen einzuwerfen. Landesgeschäftsführer Stefan Wollenberg und andere Genossen fuhren am Sonntag und Montag mit Autos durchs Land, um die Listen einzusammeln. Bei den Witterungsverhältnissen keine einfache Aufgabe. Nun müssen die Unterschriften vom Büro des Landeswahlleiters geprüft werden.
Vor Schnee und Eisglätte hatte die Corona-Pandemie Probleme bereitet. Denn das Sammeln von Unterschriften auf der Straße war während der Lockdowns so gut wie unmöglich. Deshalb war die übliche Frist von einem Jahr vom Landtag um sechs Monate verlängert worden. Aber noch später durfte die Linke die Listen nun nicht abgeben.
»Wir freuen uns sehr über diesen Erfolg unserer Volksinitiative unter den schwierigen Rahmenbedingungen«, erklären die beiden Linke-Landesvorsitzenden Anja Mayer und Katharina Slanina. Jetzt sei die rot-schwarz-grüne Landesregierung gefordert. Sie müsse die Verhandlungen mit dem Oberhaupt des Hauses Hohenzollern, Georg Friedrich Prinz von Preußen, endgültig beenden. »Es gibt keine Verhandlungsgrundlage für Entschädigungsforderungen«, meint Slanina.
Es geht um eine finanzielle Entschädigung in Höhe von 1,2 Millionen Euro für nach dem Zweiten Weltkrieg in der sowjetischen Besatzungszone enteignete Besitztümer. Das Gerichtsverfahren dazu schwebt derzeit und es verlautete, es bestünde Aussicht auf eine gütliche Einigung. Kommt es zu keinem Vergleich, muss die Justiz entscheiden, ob Kronprinz Wilhelm den Nazis in den 1930er Jahren erheblichen Vorschub geleistet hat. Trifft das zu, hätte das Haus Hohenzollern seinen Anspruch auf eine Entschädigung verwirkt.
Historiker sind sich inzwischen einig, dass der Kronprinz Vorschub leistete, sagen Geschichtswissenschaftler und sagt die Linke. Die Justiz müsste zwar auf Grundlage von Gutachten der Historiker urteilen, entscheide aber unabhängig, wenden Rechtswissenschaftler ein. Nicht zu verwechseln ist die Angelegenheit übrigens mit den Verhandlungen, die der Bund mit den Hohenzollern darüber führt, wem denn nun zahlreiche Kunstschätze gehören, die in Schlössern und Museen ausgestellt sind.
»Das juristische Agieren des Hauses Hohenzollern, das die Volksinitiative von Anfang an begleitet hat und jetzt in der Schlussphase noch einmal deutlich zunahm, hat zu einer für uns deutlich spürbaren Atmosphäre der Verunsicherung bei Wissenschaftlern, Medien, aber auch bei den Bürgern geführt«, beklagt Linke-Landeschefin Mayer.
»Es ist behauptet worden, Georg Friedrich Prinz von Preußen habe versucht, die Initiative zu stoppen. Das ist unwahr«, betont dagegen am Montag ein Sprecher des Hauses Hohenzollern. Vielmehr beziehe sich eine vorläufige gerichtliche Entscheidung auf mehrere falsche Behauptungen im Aufruf der Volksinitiative. Bei den Falschinformationen habe es sich um Aussagen gehandelt, »die in der Folge dazu benutzt wurden, Prinz Georg Friedrich eine ›antidemokratische Gesinnung‹ zu unterstellen«. Auch sei behauptet worden, die Familie fordere ein Wohnrecht beispielsweise im Schloss Cecilienhof. Herr Prinz von Preußen habe jedoch mehrfach betont, »dass er darauf keinen Wert legt«, obwohl seiner Familie in der Vergangenheit ein solches Wohnrecht durch die Landesregierung und von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten angeboten worden sei.
Sollten 20.000 gültige Unterschriften zusammengekommen sein, so muss sich der Landtag mit dem Anliegen der Volksinitiative befassen. Das Parlament könnte darüber beraten, »ob eine umfassende gütliche Einigung im Rahmen des Restitutionsverfahrens denkbar ist«, so der Sprecher der Hohenzollern. »Diese öffentliche Diskussion wird von Prinz Georg Friedrich, der eine solche Lösung mehrfach angeboten hat, ausdrücklich begrüßt.« Es gehe allerdings nicht um Geschenke, wie die Volksinitiative suggeriere, sondern um gesetzliche Ansprüche. Diese Ansprüche hatte Louis Ferdinand Prinz von Preußen, der Großvater von Georg Friedrich, 1991 angemeldet. Gegenstand von Gesprächen müssten auch die Leihgaben der Hohenzollern an brandenburgische und Berliner Museen sein. »Beide Komplexe sind nicht voneinander zu trennen«, so der Sprecher. »Der Prinz von Preußen wird niemals ein Verfahren aufhalten wollen, das auf gesetzlicher Grundlage beruht. Allerdings müssen sich die Initiatoren der Unterschriftenaktion die Frage gefallen lassen, zu welchem Zweck sie die Bürgerinnen und Bürger wissentlich falsch informiert haben.«
Das Landgericht Berlin hatte eine einstweilige Verfügung erlassen und der Linkspartei damit die Verbreitung einer Äußerung untersagt, die sich auf das angeblich verlangte Wohnrecht in Schlössern bezog. Der Text der im August 2019 gestarteten Volksinitiative ließ sich aber nicht mehr ändern. Hier dreht es sich um die Frage, wie Unterschriften unter einem Text einzustufen sind, der juristisch gekippt wird.
Rechtsanwalt Jasper Prigge, der Brandenburgs Linke vertritt, legte Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung des Landgerichts ein und beantragte zusätzlich Ende vergangener Woche beim Bundesverfassungsgericht eine einstweilige Anordnung gegen die einstweilige Verfügung. Dabei berief er sich nach eigenen Angaben darauf, dass Landgericht habe ihn in der Sache nicht angehört und damit das grundrechtsgleiche Recht auf prozessuale Waffengleichheit verletzt. »Die Anhörung der Gegenpartei ist in Pressesachen besonders relevant, wenn es wie hier um eine Auseinandersetzung mit einem politischen Bezug geht«, argumentiert Prigge. Das Bundesverfassungsgericht gab ihm recht und setzte die Einstweilige Verfügung vorläufig aus, ein Sprecher des Verfassungsgerichts am Montag bestätigt. Nun muss das Landgericht Berlin noch über den Widerspruch entscheiden.
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