Sami Khedira als Hertha-Hoffnungsträger
Das 1:1 beim VfB Stuttgart brachte für den Neu-Berliner auch ein Wiedersehen mit seinem einstigen Herzensklub
Vom kurzen Abstecher in sein altes Stadion verabschiedete sich Sami Khedira nach seinem 100. Bundesliga-Spiel nicht ohne eine kleine Liebeserklärung. »Es ist Heimat, daran ändert auch der Verein nichts, bei dem ich spiele. Ich habe Stuttgart und dem VfB sehr viel zu verdanken, wenn nicht sogar alles«, sagte der 33-Jährige nach seinem Comeback an dem Ort, an dem er 2007 dem VfB zur Meisterschaft verholfen hatte.
Diesmal traf Khedira nicht, er gewann nicht, und er tat seinem VfB sogar weh. Er spielte nur eine gute halbe Stunde für Hertha BSC und dennoch prägte er das Berliner Spiel entscheidend. Als Vorbereiter des 1:1 bewies der Ex-Weltmeister, dass er Hoffnungsträger des Hauptstadtklubs sein kann. Anders als mit dem Titelkampf kennt sich Khedira mit dem Abstiegskampf zwar nicht aus. Aber er wusste auch nicht, wie es wird, als Gegner seines Herzensvereins in der Fußball-Bundesliga aufzulaufen. »Es war das erste Mal, von daher war es ein ungewohntes Gefühl«, sagte er. Wie lange er in Berlin bleiben wird, ist unklar. Erst nach dem Abstiegskampf würden Gespräche geführt, so Hertha-Sportdirektor Arne Friedrich: »Dann werden Sami und ich uns in Ruhe hinsetzen und auch über die weiteren Pläne sprechen.« Bislang endet sein Vertrag zum Saisonende.
Nach dem Abpfiff plauderte der 33-Jährige mit Pellegrino Matarazzo. Der VfB-Coach war längst noch nicht bei den Schwaben, als Khediras Zeit dort zu Ende ging. 2010 war er in die große Fußball-Welt aufgebrochen. Nun spielte er nach 3941 Tagen erstmals in Stuttgart, nur wenige Kilometer vom Stadion entfernt war er aufgewachsen. In der 58. Minute wurde der Ex-Nationalspieler eingewechselt, um das 0:1 nach dem Gegentor von Sasa Kalajdzic (45.+1) wettzumachen und nach schwachem Beginn für Besserung zu sorgen. Es war sein zweiter Einsatz für die Hertha. Vor zwei Wochen war der Rio-Champion in die Bundesliga zurückgekehrt. »Er weiß, wann er einfach spielen muss. Er hat halt einfach diese Erfahrung. Die Position, die Sechs vor der Abwehr heißt nicht, dass man immer hin und her rennen muss«, sagte Friedrich.
Nach der verschlafenen ersten Halbzeit brachte Khedira seine Übersicht ins Spiel. Und er leitete die für die Berliner so wichtige Szene in der 82. Minute ein, als er den Ball in den Strafraum schlug und der 17-jährige Luca Netz zum jüngsten Bundesliga-Torschützen der Hertha-Geschichte aufstieg.
»Ich denke, allgemein haben wir in der zweiten Halbzeit einen viel besseren Zugriff gehabt, die Mannschaft hat das viel besser umgesetzt«, sagte Khedira. Auch dank ihm, was er alles anders als bescheiden so erklärte: »Es gibt gewisse Spieler, die verstehen das Spiel - und das ist auch eine meiner Stärken.« Als seine »Patrone« beschrieb Trainer Pal Dardai seine neue Prominenz, für die er anders als beim 0:1 gegen den FC Bayern früh in der zweiten Hälfte den richtigen Moment gesehen habe. »Die Mannschaft hat ihn gebraucht«, sagte Dardai: »Er hat der Mannschaft Stabilität gegeben.«
Die Erwartungen, die Hertha nun mit Khedira, Trainer-Rückkehrer Dardai und Talent Netz erfüllen muss, sind aber mehr als nur ein Unentschieden. Der VfB war der vermeintlich leichteste Gegner nach den Duellen mit dem FC Bayern und Eintracht Frankfurt - und vor den Aufgaben gegen Leipzig und in Wolfsburg. Auch mit Dardai und Khedira verlängerte sich die Sieglos-Serie auf mittlerweile sieben Partien. Dieser eine Punkt sei wichtig für die Moral, sagte Khedira. Und er demonstrierte das Selbstverständnis eines Ex-Profis von Real und Juventus, als er davon sprach, nun eben gegen RB Leipzig zu gewinnen. dpa
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