Corona als Türöffner für extreme Rechte

Neue Studie sieht über traditionelle Organisationen hinaus Entwicklung transnationaler Netzwerke

  • Peter Steiniger
  • Lesedauer: 2 Min.

Die rechtsextreme Szene in Europa ist im Jahr 2020 deutlich gewachsen. Dabei entwickelt sie sich verstärkt transnational über das Internet und mittels der sozialen Medien, auch jenseits der klassischen Organisationen des Spektrums. Dieses befinde sich in einem tiefgreifenden Wandlungsprozess hin zu neuen Formen der losen Vernetzung. Dieses Fazit zieht die am Dienstag vorgestellte Studie »State of Hate: Far Right Extremism in Europe 2021« zu den Trends des Rechtsextremismus auf dem Kontinent. Koordiniert wurde der Report von der britischen NGO Hope not Hate, der antirassistischen Organisation Expo aus Schweden sowie der Amadeu-Antonio-Stiftung mit Sitz in Berlin. Mitgewirkt haben 34 Experten und Aktivisten, die Berichte zu 32 europäischen Ländern erstellten. Hinzu kommt eine Befragung von 12 000 Bürgern aus Frankreich, Deutschland, Ungarn, Italien, den Niederlanden, Polen, Schweden und Großbritannien. Diese zeigt eine verbreitete tiefe Beunruhigung über den Zustand des politischen Systems und die Richtung, die die Länder nehmen.

Im ersten Corona-Jahr haben sich laut dem Report auf dem Boden von »Pessimismus und Misstrauen« Verschwörungsmythen und andere Bestandteile ultrarechter Propaganda weit verbreiten können. Die Zahl der Menschen, die sich für Theorien aus dieser Ecke zu angeblichen Verschwörungen engagierten, sei 2020 »dramatisch gestiegen«. Besonders digitale Plattformen und soziale Medien seien dafür verantwortlich, dass sich Falschinformationen »schneller und aggressiver« ausbreiten konnten. In ganz Europa wurden von Mythen angetriebene Proteste gegen die Lockdowns, die Corona-Impfungen und »das Establishment« beobachtet. Im Zusammenhang mit Covid-Themen hätten diese eine besondere Türöffnerfunktion für die Verbreitung von Antisemitismus, stellt die Studie fest. An Regierungen beteiligte rechtsextreme Parteien hätten 2020 in der Wählergunst verloren, oppositionelle hingegen zugelegt.

Im vergangenen Jahr hat demnach auch die aus den USA stammende obskure QAnon-Bewegung in Europa Fuß gefasst, insbesondere in Großbritannien und Deutschland. Insgesamt sei der Rechtsextremismus dabei, sich weiter zu internationalisieren; Aktivisten aus aller Welt würden sich häufig zu bestimmten Fragen zeitweilig als loses Netzwerk zusammenschließen. Auch die Gefahr des Rechtsterrorismus wird als weiter hoch eingeschätzt, mit einer »aktiven Onlineszene, die Terror und Gewalt propagiert«.

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