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Durststrecke beim Impfstoff überwunden
Die letzten Hochbetagten und die ersten jungen Menschen mit schweren Krankheiten sollen schnell Termine bekommen
Die Durststrecke des extremen Mangels an Corona-Impfstoff sei vorbei, macht Ursula Nonnemacher (Grüne) am Montag Mut. »Wir haben jetzt mehr Impfstoff. Das Impfen muss in Deutschland und Brandenburg Fahrt aufnehmen. Wir werden es diese Woche beschleunigen«, so die Gesundheitsministerin.
Ab dieser Woche seien wieder Impftermine frei, erklärt sie. Alle über 80-jährigen Brandenburger, die noch nicht geimpft sind, sollen nun in Kürze schriftlich eingeladen werden. In den Briefen werde eine Sonderrufnummer stehen, unter der telefonisch ein Termin vereinbart werden könne, erläutert die Ministerin. Die Ältesten werden demnach den Brief zuerst bekommen und dann jahrgangsweise die Jüngeren drankommen. Die über 80-Jährigen werden mit dem Impfstoff von Biontech immunisiert, so wie anschließend auch die über 70-Jährigen.
In Brandenburg wurden seit dem 27. Dezember 154 624 Corona-Schutzimpfungen verabreicht. In dieser Zahl enthalten sind 85 192 Impfungen mit der ersten Dosis und 69 432 Impfungen mit der notwendigen zweiten Dosis.
Seit Frühjahr vergangenen Jahres haben sich 74 956 Brandenburger nachweislich mit dem Coronavirus angesteckt. 67 221 von ihnen gelten als inzwischen genesen. Je 100 000 Einwohner wurden in den zurückliegenden sieben Tagen 63,6 Neuinfektionen gezählt.
Aktuell werden in den märkischen Kliniken 530 Corona-Patienten behandelt, davon 118 auf der Intensivstation. 89 müssen beatmet werden.
Die Zahl der gemeldeten Todesfälle stieg am Montag um zwei auf 2912. af
Einen Taxigutschein, damit sich die 90-jährige Oma aus Lenzen zum nächstgelegenen Impfzentrum nach Kyritz fahren lassen kann, wird es leider nicht geben. Das Beispiel einer solchen Oma hatte der Landtagsabgeordnete Ronny Kretschmer (Linke) genannt, als er schon vor Wochen forderte, den Transport der Hochbetagten zum Impfzentrum vernünftig zu organisieren.
Nur für Personen bis 65 Jahre geeignet und zugelassen ist der Impfstoff der Pharmafirma Astra-Zeneca. 2700 Impfungen damit hat es in Brandenburg bereits gegeben. Bekommen haben ihn beispielsweise Polizisten. Nun soll dieser Impfstoff auch für andere jüngere Menschen verwendet werden, die wegen ihrer Erkrankungen zu den Risikopatienten zählen. Nonnemacher nennt da beispielsweise Patienten, die an schweren Lungenkrankheiten, an schwerer Diabetes oder an Fettleibigkeit leiden. Maßgeblich ist bei der Fettleibigkeit ein Body-Mass-Index von mindestens 40. Der Wert errechnet sich so: Man nimmt sein Körpergericht in Kilogramm und teilt es durch die Körpergröße zum Quadrat. Also wäre beispielsweise im ersten Schritt zu rechnen: 1,70 Meter mal 1,70 Meter ist gleich 2,89. Im zweiten Schritt dann: 90 Kilogramm durch 2,89 ist gleich 31,1. Das ist dann der Body-Mass-Index.
Wer als junger Risikopatient eine Impfung haben möchte, muss sich vom Hausarzt ein Attest holen. Dann kann er telefonisch einen Termin für eins der elf Impfzentren in Brandenburg erfragen. Die Sonderrufnummer dafür wird den Hausärzten bekannt gemacht und auch noch auf der Internetseite brandenburg-impft.de veröffentlicht. Auf der genannten Internetseite sind auch die Krankheiten aufgeführt, die zu einer früheren Impfung berechtigen. Ab Freitag soll es außerdem möglich sein, einen Impftermin online zu vereinbaren. Dass die Patienten wegen des Attests zum Hausarzt müssen, sich aber nicht gleich bei diesem impfen lassen können, nennt Holger Rosteck »ärgerlich«. Rosteck ist Vizevorstandschef der Kassenärztlichen Vereinigung in Brandenburg und kann immerhin Hoffnung auf einen Ausweg aus dieser misslichen Situation machen. Denn ab März beginnt das Bundesland mit einem Pilotprojekt zur Corona-Impfung in Arztpraxen. Rund 500 Praxen, die dabei mitmachen wollen, haben sich gemeldet. Etwa 50 werden kurzfristig für das Pilotprojekt ausgewählt. Rosteck wünscht sich, dass der Bund möglichst schnell den Weg frei macht, damit sämtliche Arztpraxen Corona-Impfungen vornehmen dürfen.
Der Impfstoff von Astra-Zeneca ist etwas umstritten, weil er eine geringere Schutzwirkung entfaltet als das Präparat von Biontech. Gesundheitsministerin Nonnemacher, die von Beruf Ärztin ist, würde sich aber bedenkenlos damit impfen lassen. Die möglichen Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen und Fieber seien nicht bedrohlich, sagt sie. Kopfschmerzen und Fieber könne man auch nach einer Dosis Biontech-Impfstoff bekommen. »Die ganze Welt wartet auf Impfungen und wir mäkeln an einem Impfstoff herum.« Nonnemacher muss übrigens noch warten. Sie ist 63 Jahre alt und hat keine relevanten Vorerkrankungen. Damit gehört sie in die Prioritätsgruppe vier. Derzeit sind noch nicht einmal alle Bürger der Gruppe eins geimpft.
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