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- AfD zur Bundestagswahl
Kopflos in den Wahlkampf
AfD streitet sich darüber, ob sie mit Spitzenpersonal zur Bundestagswahl antreten will
Die vorläufige Tagesordnung eines Parteitags ist für Außenstehende selten relevant. Im Fall der AfD ist sie dagegen Ausdruck für jene Konflikte, die seit Jahren in der Partei ausgetragen werden. Wenn am zweiten Aprilwochenende etwa 600 Delegierte zu einem Bundesparteitag in Dresden zusammenkommen, soll das Treffen ganz im Zeichen der Bundestagswahl stehen. Während sicher ist, dass die Partei an diesem Wochenende ein Wahlprogramm verabschieden wird, ist dagegen unklar, wer den Wähler*innen dieses letztendlich verkaufen soll. Parteichef Jörg Meuthen konnte sich in der vergangenen Woche im Bundesvorstand mit seiner Forderung durchsetzen, die Frage nach möglichen Spitzenkandidat*innen nicht auf die Tagesordnung des Parteitages zu setzen.
Formal gibt es dafür durchaus einen gewichtigen Grund: Etliche AfD-Landesverbände werden es bis zum Parteitag nicht schaffen, ihre Kandidatenlisten für die Bundestagswahl aufzustellen, darunter der mitgliederstärkste Landesverband Nordrhein-Westfalen. Würden in Dresden nun eine oder mehrere Spitzenkandidat*innen bestimmt, die noch keinen sicheren Platz auf einer Landesliste haben oder bei einer noch ausstehenden Aufstellung durchfallen, könnte dies für die AfD in eimem PR-Desaster enden. Leisten kann sich die Partei solche Fehltritte nicht. Im Durchschnitt der letzten Umfragen erreicht sie etwa zehn Prozent und würde damit mehr als 2,5 Prozentpunkte schlechter abschneiden als bei der Bundestagswahl vor vier Jahren. Eine Studie der Konrad-Adenauer-Studie kam kürzlich außerdem zu dem Schluss, dass die AfD ihr theoretisches Wählerpotenzial aktuell weitestgehend ausgeschöpft hat.
Was in anderen Parteien als Warnsignal gedeutet und dafür sorgen würde, Konflikte nicht in der Öffentlichkeit austragen, trifft auf die AfD nicht zu. So kritisierte Alice Weidel, Co-Vorsitzende der Bundestagsfraktion, die Entscheidung einer Nichtbefassung mit der Spitzenkandidatenfrage auf dem Bundesparteitag deutlich. Die Köpfe müssten »zu Beginn des Wahlkampfes hinter einer Kampagne stehen und nicht erst kurz vor der Wahl«, so Weidel zur dpa. Hinter solchen Aussagen steckt auch taktisches Kalkül. Es wird erwartet, dass Weidel selbst gerne das Aushängeschild der Bundespartei im Wahlkampf wäre, möglicherweise in einem Duo mit Tino Chrupalla. Im Gegensatz zu Weidel hat der Co-Bundesvorsitzende bereits einen sicheren Listenplatz: Er wurde von der sächsischen AfD schon zu ihrem Spitzenkandidaten gekürt. In Weidels Landesverband Baden-Württemberg steht die Listenwahl dagegen noch aus.
Meuthen wiederum will zwar selbst nicht zur Bundestagswahl antreten, dürfte aber kein Interesse daran haben, wenn Weidel und Chrupalla im Wahlkampf über Monate die dominierenden Gesichter der Partei wären. Beide stehen auf Seiten des völkischen-nationalistischen Flügels, mit dem Meuthen bekanntermaßen einen anhaltenden Machtkampf austrägt.
Den Konflikt zusätzlich anheizen könnte der Leitantrag für das Bundestagswahlprogramm. Auf den ersten Blick enthält das Papier viele altbekannte AfD-Positionen: Raus aus dem Euro und der EU, weniger Migration, die Abschaffung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sowie Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Klimaschutzmaßnahmen. Neu dagegen ist die Forderung nach einem »Blue Deal«, eine Anspielung und gleichzeitige Abgrenzung gegenüber dem »Green Deal« der Europäischen Kommission, der im Programmentwurf als »Planwirtschaft« tituliert wird.
Überhaupt ist der Einfluss der Marktradikalen um Meuthen auf den Entwurf deutlich. Versprochen wird eine »Flexibilisierung des Arbeitsrechts« sowie die Abschaffung zahlreicher Steuerformen, darunter die Grund-, Erbschafts- und Zweitwohnungssteuer. Dem Thema Sozialpolitik wird dagegen zum Vergleich im Entwurf nicht einmal ein Kapitel gewidmet. Es wirkt, als wolle die AfD das Thema aus dem Wahlkampf ähnlich wie 2017 heraushalten. Zu unterschiedlich sind die Positionen von Marktradikalen und völkischen Nationalisten; einen Kompromiss in der Rentenpolitik hatten beide Lager erst vergangenes Jahr mühsam erzielt.
Bezeichnend: Der Begriff Hartz IV taucht im gesamten Leitantrag nur einmal im Kontext angeblichen Sozialbetrugs durch Migrant*innen auf.
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