EU-Botschafter droht Sanktion

Diplomat wegen Kritik an US-Blockade gegen Kuba nach Brüssel beordert

  • Andreas Knobloch, Havanna
  • Lesedauer: 3 Min.

Für den EU-Botschafter in Kuba, Alberto Navarro, ist es eine Reise ins Ungewisse. Sein Vorgesetzter, der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, bestellte ihn zum Rapport nach Brüssel. Dort soll Navarro in dieser Woche schriftlich und mündlich erklären, warum er Anfang Februar einen offenen Brief von kubanischen Intellektuellen mit unterzeichnet hat. In diesem wird der neue US-Präsident Joe Biden aufgefordert, die von seinem Vorgänger Donald Trump verhängten Sanktionen gegen Kuba aufzuheben und die Beziehungen beider Länder zu normalisieren.

In der vergangenen Woche hatten 16 konservative und liberale Abgeordnete des Europaparlaments daraufhin Borrell angegriffen und Navarros Absetzung gefordert. »Wir betrachten den Botschafter als unwürdig für das hohe Amt, das er bekleidet und das ihm anvertraut wurde, und wir fordern Sie auf, seine sofortige Ablösung zu veranlassen«, so die Parlamentarier, darunter die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Dita Charanzová, der stellvertretende Vorsitzende der EVP-Fraktion, Esteban González Pons, EVP-Generalsekretär Antonio López-Istúriz White sowie die beiden CDU-Abgeordneten Michael Gahler und Jens Gieseke, in einem vom Webportal Politico veröffentlichten Schreiben an Borrell. »Man könnte sagen, dass unser Botschafter in Havanna politische Positionen im Einklang mit einem Regime einnimmt, das die Menschenrechte oder die demokratische Pluralität weder respektiert noch verteidigt.«

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Dabei ist Kritik an der US-Blockade gegen Kuba und die Ablehnung ihrer extraterritorialen Anwendung offizielle Position der EU. Navarro, seit 2017 im Amt, hatte dies vor einem Jahr im Gespräch mit »nd« bekräftigt. Die Gruppe der 16 wirft Navarro zudem vor, er solle versucht haben, diplomatische Vertreter von EU-Mitgliedsstaaten für eine Unterschrift unter die »unkluge Initiative« zu gewinnen. Auch habe der EU-Botschafter verhindert, dass kubanische Dissidenten an Veranstaltungen teilnehmen konnten, die von der EU-Delegation in Kuba organisiert wurden.

In einem Interview mit dem in Florida beheimateten Onlineportal Cubanet erklärte Navarro, er habe sich lediglich einer Initiative Hunderter kubanischer Künstler und Intellektueller angeschlossen, die die Aufhebung von Sanktionen fordert. »Diese Initiative wurde von hundert oder mehr Personen unterzeichnet, darunter einige Personen, die ich gut kenne und die Freunde von mir sind, (…) die ich sehr bewundere. Es gab ein breites, für die kubanische Gesellschaft repräsentatives Spektrum.«

In seiner 40-jährigen Berufslaufbahn als Diplomat sei er immer gegen das einseitige Embargo der Vereinigten Staaten gegen Kuba gewesen, so Navarro. »Ich habe eine E-Mail geschrieben, dass ich diese Petition unterstütze. Ebenso wie ich Ihnen problemlos sagen kann, dass ich auch alle Fortschritte zugunsten von Demokratie, Dialog und Achtung der Menschenrechte in Kuba unterstütze, da es sich um Themen handelt, für die ich gearbeitet habe und an denen ich hier weiter arbeite.« Um Demokratie in Kuba zu fördern halte er es im Übrigen für intelligenter, das Embargo aufzuheben. Auf die Frage, ob er Kuba für eine Diktatur halte, sagte Navarro: »Nein, ich betrachte Kuba nicht als Diktatur. Natürlich nicht.«

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Interviews hatten die Parlamentarier ihren Beschwerdebrief an Borrell bereits abgeschickt. Dieser steht seit seiner Reise nach Moskau Anfang Februar selbst unter Druck. In der russischen Hauptstadt hatte er auf die Ausweisung europäischer Diplomaten durch Russland nicht öffentlich reagiert, was von vielen in der EU als Demütigung empfunden wurde. Seitdem ist der Wind für Borrell in Brüssel rauer geworden. In Moskau hatte Borrell in der Pressekonferenz mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow zudem erklärt, dass die EU die US-Blockade gegen Kuba ablehne. Diese Äußerung wiederum hatte Lawrow aufgenommen, um die EU-Sanktionen gegen sein Land zu kritisieren.

Navarro könnte das Bauernopfer für Borrells unglückliche Moskau-Reise werden. Borrells Sprecherin Nabila Massrali vermied es jedoch, über die Möglichkeit einer Entlassung von Navarro zu spekulieren. »In Bezug auf das, was passieren wird, dürfen wir die Diskussion zwischen dem Hohen Vertreter und dem Botschafter nicht vorwegnehmen«, sagte sie. »Die Position ist klar: Er wird kommen und Erklärungen abgeben.«

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