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Junger Mann stirbt nach Festnahme in Delmenhorst

19-Jähriger kollabiert in einer Polizeizelle / Jesidische Gemeinde warnt vor Gerüchten

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Vorausgegangen war der Festnahme des jungen Mannes ein Polizeieinsatz in der Delmenhorster Plattenbausiedlung »Wollepark«, einem sozialen Brennpunkt der knapp 80.000 Einwohner zählenden Stadt. Zivilbeamte wollten am Freitagabend in der Siedlung zwei junge Männer kontrollieren, die laut Angaben der Polizei »gerade illegale Betäubungsmittel konsumierten«.

Einer der beiden Männer, der 19-Jährige, lief davon, wurde aber nach kurzer Verfolgung von einem Polizisten eingeholt. Diesem habe der 19-Jährige einen Faustschlag an den Kopf versetzt, besagt der Polizeibericht. Der so attackierte Polizist wiederum habe versucht, den jungen Mann »unter Einsatz von körperlicher Gewalt sowie dem Griff nach Pfefferspray« zu überwältigen. Doch den Berichten zufolge es sei dem 19-Jährigen gelungen, dem Polizisten das Sprühgerät aus der Hand zu reißen, das er dem Beamten sodann gegen den Kopf geschlagen habe. Erst als ein weiterer Polizist herbeigeeilt war, habe der Kontrollierte gefesselt werden können.

Routinemäßig werde nach einem Pfefferspray-Einsatz ein Rettungswagen alarmiert, berichtet die Polizei. So sei es auch nach dem Vorfall in der Plattenbausiedlung »Wollepark« geschehen. Der 19-Jährige habe allerdings eine Behandlung durch die Rettungskräfte abgelehnt und sei zur Polizeidienststelle Delmenhorst gebracht worden. Dort sollte ihm eine Blutprobe entnommen werden; eine Bereitschaftsrichterin hatte dieser Maßnahme zugestimmt. Bis zum Eintreffen des Arztes sollte der festgenommene junge Mann die Wartezeit in einem Gewahrsamsraum verbringen. Er wurde dort eingesperrt, und noch bevor der Mediziner kam, brach der 19-Jährige plötzlich zusammen.

Weil die Zelle per Video überwacht wird, sah die Besatzung der Polizeiwache, wie der 19-Jährige kollabierte, und die Beamten »leiteten daraufhin umgehend Rettungsmaßnahmen ein«, so wird seitens der Polizei mitgeteilt. Zugleich wurden der Notarzt und ein Rettungswagen alarmiert. Der brachte den jungen Mann ins Krankenhaus nach Oldenburg. Dort wurde bei dem Mann ein »kritischer Zustand« festgestellt. Er verstarb am Samstagabend.

In einer Polizeimeldung ist von einem »tragischen Unglücksfall« die Rede. Um die Todesursache zu klären, haben die zuständigen Stellen eine Obduktion angeordnet. Bis zum Vorliegen des Ergebnisses geben weder die Polizei noch die Staatsanwaltschaft weitere Auskünfte zu der Sache.

In den sozialen Netzwerken überwiegen in den Kommentaren zu dem Geschehen in Delmenhorst die Beileidsbekundungen an die Angehörigen des verstorbenen jungen Mannes. Doch sind dort auch Mutmaßungen in Richtung polizeilicher Gewalt zu lesen.

In diesem Zusammenhang appelliert der zweite Vorsitzende der Jesidischen Gemeinde Niedersachsens, Ilyas Yanc, in einem Facebook-Video an deren Mitglieder, keine Unwahrheiten und Gerüchte in die Welt zu setzen. Falls es sich herausstellt, dass Dinge geschehen sind, die nicht mit dem Rechtsstaat zu vereinbaren sind, werde sich die Gemeinde klar dazu äußern und positionieren, sagte Yanc.

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