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Ein Herz für Insekten
Bauern und Naturschützer einigen sich auf Maßnahmen zum Artenschutz
Bauern und Naturschützer haben in Brandenburg eine Art Friedensvertrag abgeschlossen. Am Mittwoch unterzeichneten die Vertreter beider Seiten in der Lobby des Potsdamer Landtags eine Erklärung, die gemeinsame Positionen beim Schutz von Insekten, Gewässern und Vögeln enthält. Anwesend waren Abgeordnete aller Fraktionen, die nun das Geld für die angestrebten Maßnahmen bereitstellen sollen. Geeinigt haben sich Landwirte und Umweltschützer unter anderem darauf, dass in Natur- und Vogelschutzgebieten keine Pflanzenschutzmittel und kein Phosphordünger eingesetzt werden darf. Entlang von Gewässern soll ein fünf Meter breiter Randstreifen entstehen, der naturbelassen bleibt, das heißt frei von der Behandlung mit Chemie. Bauern, die aufgrund dieser Restriktionen wirtschaftliche Verluste erleiden, sollen von der öffentlichen Hand entschädigt werden.
Diese Vereinbarung hat ihren Ursprung in zwei getrennt eingebrachten Volksinitiativen, die aber der Überschrift nach mit dem Streben nach mehr Artenschutz ein gemeinsames Ziel vertraten. Es ging um die Volksinitiative »Mehr als nur ein Summen – Insekten schützen, Kulturlandschaft bewahren!« der Naturschutzverbände und die Volksinitiative »Artenvielfalt retten – Zukunft sichern«, die von Landwirten ausgelöst worden war. In einem einjährigen Moderationsverfahren, an dem auch die sechs im Landtag vertretenen Parteien beteiligt waren, konnten sie schließlich zusammengeführt werden.
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Der Diskussionsprozess wurde durch eine vom Parlament damit beauftragte Firma organisiert. Ziel war es, konkrete Vorschläge zu erarbeiten, die vom Landtag beraten werden können. Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) sprach von einem »ganz besonderen Moment« und von ihrer Hoffnung, dass die Abgeordneten »stark genug« sein werden, das nötige Geld für die Umsetzung der Beschlüsse zur Verfügung zu stellen.
Friedhelm Schmitz-Jersch, Landesvorsitzender des Naturschutzbundes, verglich den Vorgang mit dem »Brandenburger Weg«, den nach der Wende 1990 Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) beschritt, um über Partei- und Interessengrenzen hinweg Lösungen zu suchen und zu finden. Dass sich Landnutzer und Naturschützer, die an sich für gegensätzliche Positionen bekannt seien, auf einen gemeinsamen Weg verständigten, sei ein »einmaliger Vorgang« und man könne nur hoffen, dass die gefundenen Lösungen »im Parlament übernommen und beschlossen werden«. Möglich geworden sei das alles, weil in den vielen Gesprächen immer »die Achtung vor den Interessen der anderen Seite« gewahrt worden sei.
Keineswegs werden die Landwirte im Stich gelassen, beteuerte der SPD-Landtagsabgeordnete Johannes Funke. Wer dies glaube, solle »das Papier bis zu Ende lesen«. In dem einen Jahr der Verhandlungen hätten Naturschützer und Bauern mehr miteinander gesprochen als in den zehn Jahren davor, meinte der CDU-Abgeordnete Ingo Senftleben.
Landesbauernpräsident Henrik Wendorff freute sich, dass es gelungen sei, den Insektenschutz »nach vorn zu bringen«. Im Ergebnis könnten sich »alle Seiten wiederfinden«. Doch sei die Erklärung derzeit nicht mehr als ein Stück Papier. Es gehe darum, einen Weg zu finden, wie die absehbaren Einschnitte im Ertrag den Landwirten erstattet werden. »Wir übergeben die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse an Politik und Verwaltung mit dem Vertrauensvorschuss, dass diese verlässlich beschlossen und umgesetzt werden«, so Wendorff.
Was das alles kosten werde, sei derzeit »nicht bezifferbar«, sagte Thomas Domres, agrarpolitischer Sprecher der Linksfraktion. Das Land allein werde die Kosten nicht tragen können, hier seien EU-Gelder einzusetzen. Neben Regelungen, die die Schutzzonen und Ufer betreffen, sei auch die Lichtverschmutzung in Siedlungsgebieten thematisiert worden, begrüßte Domres.
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