Grüne erobern Rathäuser in Hessen

Ökopartei gewinnt bei Kommunalwahlen hinzu

  • Hans-Gerd Öfinger, Wiesbaden
  • Lesedauer: 3 Min.

Die SPD ist die große Verliererin bei den Kommunalwahlen in Hessen. Das geht aus dem am Montagabend vom Statistischen Landesamt verkündeten »Trendergebnis« hervor. Demnach landeten die Sozialdemokraten mit einem Minus von 5,2 Prozentpunkten bei 23,3 Prozent. Die Partei hat sich allerdings immer noch besser geschlagen als bei der Landtagswahl 2018, als sie auf 19,8 Prozent absackte. Ein Faktor für starke SPD-Einbrüche in Frankfurt am Main und der Landeshauptstadt Wiesbaden dürfte der Skandal um mögliches Missmanagement und Bereicherung des inzwischen geschassten Managements in den örtlichen Kreisverbänden des SPD-nahen Sozialverbands und Unternehmens Arbeiterwohlfahrt sein. Offenbach war die einzige kreisfreie und Großstadt, in der sich die SPD als Nummer eins halten konnte.

Ein kleiner Trost für die SPD stellt das Abschneiden ihrer Bewerber bei Direktwahlen von Verwaltungschefs dar. So schaffte Hanaus Oberbürgermeister Claus Kaminsky mit 56,2 Prozent auf Anhieb im ersten Anlauf die für seine Wiederwahl erforderliche absolute Stimmenmehrheit. Der SPD-Mann hatte vor gut einem Jahr im Zusammenhang mit den rassistischen Morden in seiner Stadt bundesweit Bekanntheit erlangt. Im osthessischen Landkreis Hersfeld-Rotenburg verdrängte der SPD-Landtagsabgeordnete Thorsten Warnecke mit 61,9 Prozent souverän den CDU-Amtsinhaber vom Chefsessel in der Kreisverwaltung. In Marburg hingegen muss sich der amtierende SPD-Oberbürgermeister Thomas Spieß am 28. März einer Stichwahl gegen die Grünen-Bewerberin Nadine Bernshausen stellen. Spieß kam in der ersten Runde auf 33,9 Prozent, Bernshausen auf 26 Prozent.

Die im Land tonangebende CDU hat sich trotz leichter Verluste flächendeckend in kreisfreien Städten und Landkreisen mit 28,2 Prozent behauptet. Mit 19,4 Prozent und einem Plus von gut acht Prozentpunkten erwiesen sich die im Land geräuschlos mit der CDU koalierenden Grünen als große Gewinner. Sie landeten in den kreisfreien Städten Frankfurt am Main, Darmstadt und Kassel ebenso wie in den Universitätsstädten Marburg und Gießen auf Platz eins.

Die AfD erlitt Verluste von knapp vier Prozentpunkten und landete bei 8,1 Prozent. Die FDP errang 6,6 Prozent. Die Linke konnte sich mit 4,1 Prozent gegenüber der Kommunalwahl 2016 um 0,6 Prozentpunkte verbessern und war vor allem in Großstädten erfolgreich. Sie freute sich besonders darüber, dass sie in Kassel und Marburg zweistellige Ergebnisse erringen konnte.

Wählergruppen errangen in der Summe gut fünf Prozent und damit 2,2 Prozentpunkte weniger als 2016. Weil es bei hessischen Kommunalwahlen keine Fünf-Prozent-Hürde gibt, reicht in größeren Städten und Landkreisen oftmals schon weniger als ein Prozent für einen Sitz.

Dass diese Werte aber noch vorläufig sind und Abweichungen im Endergebnis möglich sind, ist dem seit 20 Jahren gültigen komplizierten hessischen Kommunalwahlrecht geschuldet. Demnach können die Wähler nicht nur eine bestimmte Bewerberliste ankreuzen. Sie können einzelnen Bewerbern bis zu drei Stimmen geben (kumulieren), missliebige Bewerber streichen oder auch Kandidaten auf mehreren Listen individuell ankreuzen (panaschieren). Weil aufgrund der Corona-Pandemie deutlich mehr Menschen als in früheren Jahren per Briefwahl abgestimmt haben, dürften viele in der häuslichen Muße auch auf den Geschmack gekommen sein und die flexiblen Möglichkeiten des Wahlrechts intensiv genutzt haben. Das Trendergebnis basiert nur auf der Zahl der Stimmzettel, auf denen lediglich ein Listenkreuz angebracht wurde. Die Auszählung der anderen Stimmzettel dürfte sich in großen Städten und Landkreisen noch mindestens bis Mittwoch hinziehen. Die CDU ist in der Hälfte der 26 Landkreise und kreisfreien Städten stärkste Kraft, die SPD in zehn und die Grünen in den drei erwähnten kreisfreien Städten.

Bei den Kommunalwahlen wurde über die Zusammensetzung von Kreistagen, Stadtverordnetenversammlungen, Gemeindevertretungen, Ortsbeiräten und Ausländerbeiräten abgestimmt. Zeitgleich wurden in etlichen Kommunen auch Landräte, Oberbürgermeister und Bürgermeister direkt gewählt.

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