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Ding dong, hier ist Die Linke
Partei will im Wahlkampf an mindestens 200 000 Haustüren klingeln
»Ihr klingelt, Ding dong. Ich bin der und der von der Linken ...«, Robert Blättermann von der Bundesgeschäftsstelle der Partei macht seinen Genossen vor, wie der Haustürwahlkampf abläuft. »Am Anfang ist man aufgeregt. Das ging mir auch so.« Acht Genossen aus Brandenburg haben sich für diese spezielle Schulung per Videokonferenz angemeldet: Männer und Frauen, Junge und Alte aus Städten und Dörfern in verschiedenen Ecken des Bundeslandes.
An mindestens 200 000 Haustüren möchte Die Linke dieses Jahr im Wahlkampf klopfen, erzählt Blättermann. Warum? Weil sich herausgestellt hat, dass die an Laternen aufgehängten Plakate und die grußlos in den Briefkasten gesteckten Flugblätter nicht sonderlich viel bringen, während die persönliche Begegnung Unentschlossene durchaus überzeugen kann. Außerdem tritt an einen Infostand in der Regel nur heran, wer politisch interessiert ist und der Partei nicht völlig abgeneigt. Die Masse der enttäuschten Nichtwähler lässt sich so nicht erreichen.
Einblicke in die Sorgen der Bürger
Beim Haustürwahlkampf geht es aber keineswegs nur um den Stimmenfang. Die Sozialisten möchten auch erfahren, wo der Bevölkerung der Schuh drückt. So können sie Bodenhaftung behalten und sich für die Dinge einsetzen, die den Menschen wirklich wichtig sind. Und da ist noch ein anderer Aspekt, sagt Blättermann, der in Berlin wohnt: In Brandenburg hat Die Linke 255 000 Wähler, aber nur 5200 Mitglieder. Die Wähler zu finden und für eine Zusammenarbeit zu gewinnen, ist da eine lohnende Aufgabe.
Völlig neu ist die Idee des Haustürwahlkampfs in Brandenburg nicht. Auch SPD und Grüne praktizieren ihn. Von der Linken zog die Abgeordnete Isabelle Vandré vor der Landtagswahl 2019 in Potsdam von Tür zu Tür. Auf ihre Frage, was den Bürgern wichtig sei, gab es oft die Reaktion: »Schön, dass mal eine kommt und das wissen will.«
Allerdings gab es anderswo lange Vorbehalte gegen Klingeltouren, so auch im Kreisverband Oder-Spree. Der Kreisvorsitzenden Julia Wiedemann wurde gesagt: »Der Brandenburger will hinter seinem Gartenzaun politisch Feierabend haben.« Doch sie hörte von positiven Erfahrungen aus anderen Bundesländern und möchte ein Team zusammenstellen, das es auf den Versuch ankommen lässt. Darum nimmt die 40-Jährige an der Schulung teil - und es ist keine verschwendete Zeit, wie sie hinterher betont. »Es hat mir sehr viel gebracht.«
Wie umgehen mit rechten Vorurteilen?
In kleinen Runden üben die Kursteilnehmer mit verteilten Rollen, das Eis zu brechen. Auf verschiedene Typen hat Robert Blättermann sie vorher eingestellt: Etwa der Typ, warum wählen, es ändert sich ja doch nichts, oder der Typ, der dumme Bemerkungen über Flüchtlinge macht. Einen Bürger, der seine rassistischen Vorurteile ungehemmt hinausposaunt, spielt einer der Potsdamer Studenten in der Übung so perfekt, dass Julia Wiedemann schnell merkt: »Wenn mir einer so kommt - das kann ich nicht.«
Eine ältere Kursteilnehmerin, von Beruf Geschichtslehrerin, hat da mehr Durchhaltevermögen. Sie redete schon einmal eine Stunde mit einer der AfD inhaltlich nahestehenden Frau und bewegte diese Schritt für Schritt immerhin zum Nachdenken, wer für die ungerechte Verteilung des Reichtums verantwortlich sei und ob sie wirklich glaube, dass die Renten erhöht werden, wenn die Bundesrepublik niemandem mehr Asyl gewähren würde.
Blättermann empfiehlt, sich fünf bis zehn Minuten Zeit je Haustürgespräch zu nehmen. Auch sollen die Genossen ein Gefühl dafür entwickeln, wann eine Diskussion zwecklos ist. Wenn ein Gegenüber Ansichten äußert, die zwar nicht rassistisch sind, aber trotzdem so gar nicht zum Programm der Linken passen, könnte geschickt auf ein anderes Thema übergeleitet werden. »Wenn das alles nichts bringt, versuchen wir einen guten Eindruck zu hinterlassen und verabschieden uns«, empfiehlt er.
Freundlich sollen die Wahlkämpfer sein, das ist den Teilnehmern klar. »Wenn einer hinterher den Nachbarn erzählt ›da kam ein Idiot von der Linken, der wollte mich bequatschen‹, dann haben wir die ganze Straße verloren«, sagt einer der erfahrenen Brandenburger Genossen. Ehrlich sollen die Haustürwahlkämpfer auch sein. Sie dürfen ruhig zugeben, dass sie in dieser oder jener Hinsicht nicht voll auf der Linie ihrer eigenen Partei liegen oder dass sie nicht mit allem einverstanden waren, was Brandenburgs Linke von 2009 bis 2019 in der rot-roten Koalition mitverantwortet hat. Sie können beispielsweise auch sagen, ob sie ein bedingungsloses Grundeinkommen befürworten oder nicht, sollen dann aber erklären, welche unterschiedlichen Positionen es dazu in der Partei gibt.
Hunderte Haustürwahlkämpfer
Für die Kursteilnehmer ist der Gedanke ungewohnt, einfach bei fremden Leuten zu klingeln. Aber auf Menschen zugehen und argumentieren können sie. Da haben sie an Infoständen Erfahrungen gesammelt. Auch dort konnte es passieren, dass sie nicht zu jeder Detailfrage das Wahlprogramm ihrer Partei im Kopf hatten. Das zuzugeben und nachzuschauen, ist keine Schande.
Robert Blättermann bietet solche Schulungen für verschiedene Bundesländer an. Aber er macht es nicht allein. In der Bundesgeschäftsstelle sind auch noch Gesine Lenkewitz und Robert Maruschke damit befasst. »Wir haben zu über 500 Genossinnen und Genossen Kontakt, denken aber, dass wir viele Aktive nicht auf dem Zettel haben«, sagt Maruschke. »Wir hoffen auf 500 bis 1000 Aktive im Haustürwahlkampf.« Wer Interesse hat, soll sich melden.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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