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- Demos gegen Anti-Corona-Maßnahmen
Polizei lässt Querdenker in Kassel laufen
Umgang der Sicherheitsbehörden mit Protesten gegen die Corona-Politik in Kassel sorgt für Kritik
Übergriffe auf Journalist*innen, durchbrochene Polizeiabsperrungen, in der Regel weder Abstand, noch Masken: Ähnlich wie vor einer Woche in Dresden versammelten sich am Samstag Tausende Menschen in Kassel, um gegen die Corona-Politik von Bund und Ländern zu protestieren. Und wie zuvor in der sächsischen Landeshauptstadt ließ die Polizei die Demonstrierenden auch dieses Mal in Hessen gewähren und gegen sämtliche behördliche Auflagen verstoßen. Dabei hatte die Stadt Kassel zunächst versucht, die Demonstration angesichts der deutlich steigender Infektionszahlen zu verbieten.
Bereits am Freitag hatte jedoch der Hessische Verwaltungsgerichtshof entschieden, dass keine Demonstration mit bis zu 17 500 Menschen, wohl aber zwei stationäre Kundgebungen mit insgesamt 6000 Teilnehmer*innen stattfinden dürfen. Doch am Samstag zeigte sich schnell, dass nicht nur die maximal erlaubte Anzahl an Demonstrierenden deutlich überschritten werden würde, sondern sich diese an keinerlei Auflagen hielten.
So beteiligten sich Tausende Menschen an einem illegalen Demonstrationszug durch die Kasseler Innenstadt, darunter laut Beobachter*innen auch Rechtsextreme und Reichsbürger*innen. Obwohl es zu gewalttätigen Zusammenstößen mit der Polizei kam und ein Wasserwerfer sowie Pfefferspray eingesetzt wurden, verzichteten die Einsatzkräfte darauf, den Aufmarsch aufzulösen.
Offiziell wurde diese Zurückhaltung damit begründet, um eine »nicht unerhebliche Zahl an Verletzten auf allen Seiten« zu vermeiden. Zusätzlich für Empörung sorgen in den sozialen Netzwerken geteilte Aufnahmen, die zeigen sollen, wie sich eingesetzte Beamt*innen mit den Demonstrierenden solidarisieren. Auf einem Foto ist etwa zu sehen, wie eine Polizistin mit ihren Händen ein Herz formt und diese Geste einer Frau zeigt. Weniger zaghaft ging die Polizei mit den Teilnehmenden der angemeldeten Gegenproteste um, an denen sich Hunderte Menschen beteiligten. Mit Videos ist dokumentiert, wie Einsatzkräfte aus Thüringen eine von Radfahrer*innen errichtete Straßenblockade räumen, dabei gegen die Räder treten und die Gegendemonstrant*innen zu Boden schubsen.
»Wahnsinn. Sagt mal, Polizei Thüringen, geht's noch? Auf den Kopf einschlagen, das Gesicht aufs Fahrrad schlagen?«, empörte sich die Thüringer Landtagsabgeordnete Katharina König-Preuss (Linke) und kündigte eine Anfrage zum Einsatz an. Die wiederholte Zurückhaltung der Polizei gegenüber den Corona-Verharmloser*innen sorgte in der Bundespolitik für Kritik. »Warum schützt die Polizei eine nicht genehmigte Demonstration, in der gegen alle Hygiene-Auflagen verstoßen wird und aus der heraus angemeldete Kundgebungen angegriffen werden«, fragte die Vorsitzende der Linkspartei, Janine Wissler.
Viel Zeit, die Fehler des Polizeieinsatzes in Kassel aufzuarbeiten, bleibt nicht. Bereits für den 3. April ist die nächste Großdemonstration angekündigt. Diese soll in Stuttgart stattfinden.
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