AfD-Frontmann Gauland will mit 80 Jahren ins Parlament

Partei stellt in Frankfurt (Oder) ihre Landesliste auf und sieht sich dabei rund 250 Gegendemonstranten gegenüber

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

In Brandenburgs AfD bekämpfen sie sich untereinander - zuweilen bis aufs Blut. Nicht von ungefähr kommt ein Aufruf zur Geschlossenheit. Beim Parteitag am Samstag in einer Turnhalle auf dem Olympiastützpunkt von Frankfurt (Oder) heißt es: Der Gegner sitze nicht hier drin, der stehe draußen.

An der Zufahrt haben sich am Morgen rund 250 Menschen zum Protest gegen die AfD versammelt. Das hiesige Bündnis »Kein Ort für Nazis« hat dazu aufgerufen. »Das ist ein deutliches Zeichen, dass hier kein Platz für Nazis ist! Nicht in den Parlamenten, nicht auf der Straße«, freut sich Bündnissprecher Jan Augustyniak über die rege Beteiligung. Die Linke-Landtagsabgeordneten Bettina Fortunato und Andrea Johlige sind ebenso erschienen sowie die Abgeordneten Ricarda Budke und Sahra Damus von den Grünen und SPD-Fraktionschef Erik Stohn. Gemeinsam zeigen sie »Flagge für Demokratie und Miteinander«, wie Stohn sagt.

Auch Stefan Kunath ist da - Direktkandidat der Linken im Bundestagswahlkreis 63, der aus Frankfurt (Oder) und dem Landkreis Oder-Spree besteht. Er sei hier, weil die Stadt für Weltoffenheit stehe, sagt er. »Das erste Bild, das ich bei Frankfurt im Kopf habe, ist die Stadtbrücke, die zwei Länder verbindet.« Diese Brücke sei Symbol der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit von Deutschen und Polen, Symbol für Frieden und Humanismus. »Das ist das Gegenteil von dem, wofür die AfD steht«, erklärt Kunath. »Keine Stimme für alte und neue Nazis« steht auf dem Transparent, das seine Linkspartei bei der Kundgebung entrollt.

Mitte vergangener Woche hatten Unbekannte die Turnhalle mit antifaschistischen Zeichen und Sprüchen besprüht. Am Sonnabend sammelt die AfD dann auf dem Parteitag Spenden, um diesen »Antifa-Dreck« entfernen zu lassen, wie es heißt. Nur als Gast ist der Landtagsabgeordnete Andreas Kalbitz in der Halle. Weil er einst bei seinem Eintritt in die AfD verschwiegen haben soll, früher bei den Republikanern und bei der neofaschistischen Heimattreuen Deutschen Jugend mitgemacht zu haben, wurde seine Parteimitgliedschaft 2020 annulliert. Er wehrte sich juristisch - bislang vergeblich.

Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland geht auf den Fall Kalbitz ein, als er sich am Sonnabend beim Parteitag um einen Platz auf der AfD-Landesliste für die Bundestagswahl im September bewirbt. Er grenzt sich ab, allerdings mit geschickten Formulierungen, die ihm für den Fall der Fälle noch eine Rückzugsmöglichkeit lassen. Es werde behauptet, er habe die Hand über Kalbitz gehalten. Das sei Quatsch. »Ich wollte immer die Einheit der Partei«, erklärt Gauland, warum er sich im Bundesvorstand auf dessen Seite gestellt hat. Fehlverhalten sollte aufgeklärt werden, aber man müsse den Blick in die Zukunft richten. In der Landtagsfraktion gebe es »Verwerfungen«. Die Landtagsabgeordneten Lars Hünich, Steffen Kubitzki und Dennis Hohloch, die er schätze, stünden »plötzlich auf der anderen Seite«. Da müsse man neu nachdenken.

Dass er mit 80 Jahren wieder zur Bundestagswahl antritt, begründet Gauland damit, dass er der Fraktion zu Stabilität verhelfen wolle, die noch nicht gesichert sie. Zusammen mit Alice Weidel habe er die Bundestagsfraktion »gut geführt«. Anders als die Partei sei die Fraktion nicht gespalten. Gauland ist Ehrenvorsitzender in Brandenburg. Sein Wort hat Gewicht. Man dankt ihm für seine Rede mit stehenden Ovationen. Er wird mit 192 von 290 möglichen Stimmen auf Platz eins der Landesliste gewählt. Auf den Plätzen zwei und drei folgen die von ihm empfohlenen Bundestagsabgeordneten René Springer und Steffen Kotré. Anhänger von Kalbitz fielen durch. Doch es gibt auch Widerspruch. Umstritten ist neben der Causa Kalbitz auch das Agieren in der Coronakrise. Nur wenn die anwesenden AfD-Mitglieder über »Asylanten«, »Klimawahnsinn« und »Gender-Gaga« schimpfen und ihre übersteigerte Heimatliebe hinausposaunen, sind sich offenbar alle einig.

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