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Ein Plan für mehr Gleichwertigkeit
Mit acht Punkten strebt die Linkspartei »föderale Fairness« an
»Ich hätte ehrlicherweise nicht gedacht, dass ich im Jahr 2021 als in der DDR Geborene noch einmal das Thema Osten im Wahlkampf aufrufen muss«, sagt Eva von Angern, Spitzenkandidatin der Linken zur Landtagswahl in Sachsen-Anhalt, an diesem Mittwochmorgen in Berlin. Als Politikerin der Linkspartei, die sich nach wie vor auch als Vertreterin der Interessen des Ostens versteht, bleibt ihr mehr als 30 Jahre nach der Wende aber tatsächlich gar nichts anderes übrig. Zu weit klaffen die Lebensverhältnisse in Ost und West noch auseinander. Doch Unterschiede bestehen nicht nur zwischen Ost und West. Inzwischen sei die Situation viel heterogener, betont Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag, auch in westdeutschen Ländern gebe es ein Auseinanderdriften und große Ungleichheiten. Begegnen will die Linkspartei den Ungleichheiten hüben wie drüben - und damit auch bei den anstehenden Urnengängen im Osten und bundesweit Wähler und Wählerinnen gewinnen - mit einer einmaligen Vermögensabgabe und einem Acht-Punkte-Plan, den von Angern, Bartsch und Simone Oldenburg, Linke-Spitzenkandidatin zur Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern, am Mittwoch vorstellten.
Mit der einmaligen Vermögensabgabe »für Multimillionäre und Milliardäre« sollen nach dem Willen der Linken die Folgen der Coronakrise »und die damit einhergehenden zukünftigen Herausforderungen« mitfinanziert werden. »Eine aktuelle Studie zeigt, dass allein das Vermögen der über 100 Milliardäre in Deutschland seit 2019 trotz Krise um fast 100 Milliarden Euro gestiegen ist«, heißt es in dem vorgestellten Papier. Demgegenüber stünden die massiv gestiegene öffentliche Verschuldung, Steuerausfälle und die »Schere zwischen Arm und Reich«, die sich mit der Coronakrise weiter geöffnet habe.
Neben dieser einmaligen Abgabe zur Krisenmitfinanzierung soll langfristig eine Vermögensteuer die Finanzierungsgrundlage für die angestrebten gleichwertigen Lebensverhältnisse bilden. Zugutekommen soll die Steuer laut dem Plan zu 100 Prozent den Bundesländern, um ihnen damit eigene finanzpolitische Gestaltungsspielräume zu verschaffen. Und um sie in die Lage zu versetzen, ihre wie auch die vielen Aufgaben der Kommunen nicht nur zu finanzieren, sondern auch wieder verstärkt in die öffentliche Infrastruktur, Daseinsfürsorge und auch Kultur- und Freizeitangebote zu investieren. Letztere sieht das Papier »am stärksten bedroht, obwohl sie fundamental wichtig für die Lebensqualität in Städten und Dörfern sind«. Ohne eine Stärkung der öffentlichen Haushalte drohe nach der Coronakrise der größte Kahlschlag in der deutschen Kulturlandschaft seit Jahrzehnten, heißt es weiter.
Ebenso wie von der Vermögensteuer sollen auch bei weiteren Punkten des Plans Ost wie West profitieren. So fordert das Papier, dass das Kliniksterben in Deutschland augenblicklich gestoppt wird. Im Jahr 2020 seien 20 Kliniken dichtgemacht worden, in diesem Jahr drohe 30 weiteren die Schließung. Doch insbesondere für den ländlichen Raum sei jedes Krankenhaus wichtig - Deutschland habe »nicht zu viele Krankenhäuser, sondern vor allem in der Fläche zu wenige«.
Ein weiteres Problem vor allem für den ländlichen Raum ist der Linken zufolge die Ausdünnung des Streckennetzes der Deutschen Bahn. Diese habe rund 6500 Kilometer Strecke seit 1990 stillgelegt, 40 Prozent davon in Ostdeutschland. Damit seien ganze Regionen »im wahrsten Sinne des Wortes dauerhaft abgehängt«. Die Linke fordert deshalb die Reaktivierung alter Bahnstrecken. Um ein Netz insbesondere für den ländlichen Raum geht es auch bei einer weiteren Forderung: dem schnellstmöglichen Ausbau des Zugangs zu schnellem Internet.
Um die vielerorts zu beobachtende Verödung zu stoppen, die durch die Coronakrise noch einmal dramatisch an Fahrt aufgenommen hat, sieht der Linke-Plan verschiedene Notfallprogramme vor. Für Innenstädte, Dorfläden und Bahnhöfe, zu denen es heißt: »Insbesondere für kleine und mittlere Städte sind Bahnhöfe zentral. Sie sollten wieder lebendige Orte mit Service und Bahnhofskneipe werden.«
Als »föderal unfair« sieht die Linkspartei die von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlichen Kosten für Pflegeheimbewohner: »Obwohl Bürgerinnen und Bürger bundesweit denselben Pflegeversicherungsbeitrag zahlen, kostet ein Heimplatz in NRW seit 1. Januar laut Verband der Ersatzkassen 2460 Euro und zum Beispiel in Thüringen 1648 Euro.« Das Pflegeheim werde so für immer mehr Menschen zu einer Armutsfalle. Die Forderung in dem Plan: »Die Kosten für einen Heimplatz sollten deutlich unter dem Rentenniveau liegen.«
Speziell für den Osten sieht der Plan die seit Langem geforderte 100-prozentige Angleichung der Löhne und Renten an das Westniveau vor sowie eine faire Ost-West-Verteilung von Spitzenposten in Behörden, Forschungseinrichtungen und Bundesunternehmen. Auch von der für alle geforderten Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns auf 13 Euro und der Schließung des Niedriglohnsektors würde demnach Arbeitnehmer in Ostdeutschland profitieren.
Der aktuellen Bundesregierung wirft die Linke in dem Papier vor, das Thema gleichwertige Lebensverhältnisse sei für diese »nicht mehr als ein PR-Thema«. Zwar habe es eine Kommission »Gleichwertige Lebensverhältnisse«, aber kaum Maßnahmen gegeben, und sowohl Ostbeauftragter als auch Heimatministerium brächten das Thema nicht voran. Letzteres sollte deshalb zugunsten eines Bundesministeriums für gleichwertige Lebensverhältnisse abgeschafft werden.
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