Nachts nicht vor die Tür
Brandenburg zieht wegen hoher Corona-Werte die Notbremse und verhängt Ausgangssperre
Trotz deutlich gestiegener Impfzahlen ist Brandenburg von seinen strategischen Zielen weit entfernt. Nach wie vor sei der ungenügend vorhandene Impfstoff das Hauptproblem auf dem Weg, eine solche Impfrate zu erreichen, die »der Weg wäre, um eine Pandemie zu verlassen, die uns so lange drangsaliert hat«, sagte Innenminister Michael Stübgen (CDU) am Mittwoch in Potsdam. Das plötzliche Verbot vom Vortag, den Impfstoff Astra-Zeneca unter 60-Jährigen zu spritzen, mache es zusätzlich schwer.
Dieses Verbot betraf am Dienstag etwa 250 bis 300 Menschen, die umsonst ein Impfzentrum in Brandenburg aufgesucht hatten. Sie sollen umgehend einen neuen Termin erhalten. Laut Minister ist man daher noch »weit entfernt von der Zielgeraden«. Am Vortag seien im Land Brandenburg über 15 000 Menschen geimpft worden, rund 125 000 müssten es pro Woche sein, um das Ziel von Bundes- und Landesregierung zu erreichen, spätestens bis September allen Menschen ein Impfangebot zu unterbreiten. Weil Brandenburg sehr viele Menschen mit der Erstimpfung versorgt habe, müsse nun »die Zweitimpfung abgesichert« werden. »Das macht die Planung kompliziert.«
Ostern macht Brandenburg impffrei
Wegen der neuerlichen Beschränkung des Einsatzes von Astra-Zeneca und da andere Impfstoffe nicht in größerem Umfang verfügbar sind, ist am Karfreitag und am Ostersonntag impffrei. Dadurch entstehende Rückstände müssten danach auch durch höhere Impfleistungen wettgemacht werden. Stübgen dankte den Tausenden Unermüdlichen. Und er versprach: Im April werde vor allem durch die Beteiligung von immer mehr Hausarztpraxen die Zahl der Impfungen im April »rasant steigen«. Impfzentren und mobile Impfteams würden derzeit mehr oder weniger an der Grenze ihrer Kapazitäten stehen, Steigerungen seien nur noch durch die Beteiligung von Hausärzten zu erreichen. Mit jetzt 200 einbezogenen Praxen befindet sich der Einsatz von Hausärzten aber weiter eher im Versuchsstadium. Von den noch im Land lagernden Astra-Zeneca-Impfdosen seien 30 000 an die Hausärzte abgegeben worden. Bei 1500 Hausarztpraxen im Land wären das rechnerisch 20 für jede. Ein »Tropfen auf den heißen Stein«, sagte der Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin Brandenburg, Holger Rostek. Zusätzlich werde das Land den Hausärzten aus seinem Kontingent weitere 28 000 Impfdosen zur Verfügung stellen. Wenn man den Hausärzten vorwiegend Astra-Zeneca liefere, dann nicht, weil die Landesregierung diesen Ärzten eine Verantwortung überhelfen wolle, die sie selbst nicht zu tragen bereit sei, fügte Stübgen hinzu. Ärzte kennen ihre Patienten und könnten sie am besten beraten.
In Brandenburg habe man inzwischen alle über 80-Jährigen angeschrieben und ihnen das Angebot eines Impftermins unterbreitet, so der Minister. »Mit Sicherheit« gebe es ein Dunkelfeld, denn nicht für alle alten Menschen lägen Meldedaten vor. Auch seien Briefe nicht in jedem Fall zugestellt, manche auch vom Empfänger vergessen worden. Dennoch sei davon auszugehen, dass so gut wie jeder in dieser Altersgruppe in den kommenden zwei oder drei Wochen zumindest eine erste Impfung erhalten werde. Mit dem Impfen der Bewohner in großen Pflegeeinrichtungen sei man jetzt durch. Da täglich etwa 50 Personen neu in diese Einrichtungen aufgenommen werden, müssten sich vor allem Hausärzte um diese Fälle kümmern. Die Impfteams, die ganze Heime impfen, könnten nicht wegen eines jeden neuen Falls erneut anrücken, sagte Hubertus Diemer vom Deutschen Roten Kreuz. Von 120 000 Pflegebedürftigen in Brandenburg lebten rund 25 000 »vollstationär« in Heimen. Die Landesregierung habe entschieden, dass ihre Pflegerinnen sowie zumindest zwei »Kontaktpersonen« für Menschen die daheim gepflegt werden, mit Priorität geimpft werden, informierte Minister Stübgen.
Regierung verhängt Ausgangssperre
Stübgen bestätigte die landesweite nächtliche Ausgangssperre über Ostern. Auch Berliner, die in diesen Tagen das Umland besuchen, seien daran gebunden. Dem Leiter des Impfstabes beim Ministerium, Markus Grünewald, zufolge werden Anfang nächster Woche 52 000 Dosen des Biontech-Impfstoffes erwartet. Bei derartigen Lieferungen müsse man aber immer »mit ein oder zwei Tagen Verspätung rechnen«.
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