Gastronomie geht es an die Substanz
Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) rechnet mit bleibenden Schäden bei Restaurants und Hotels in der Coronakrise
Die Coronakrise wird bei Hotels und Gaststätten nach Ansicht von Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) zum Teil bleibende Schäden hinterlassen. »Wir werden leider Betriebe verlieren«, so Steinbach. »Die Gastronomie leidet unter den Schließzeiten erheblich.« November, Dezember und Ostern seien einnahmestarke Zeiten, die nun wegbrächen. »Das geht an die Substanz und wird auch mit Öffnung nicht aufzuholen sein, zumal die notwendigen Abstände das Platzangebot und damit den Umsatz noch einige Zeit reduzieren werden.«
Die Hotellerie verzeichne herbe Verluste, das gelte insbesondere für die Anbieter von Tagungen, sagte der Minister. Sie würden »sich auch dauerhaft auf eine veränderte Nachfrage einrichten müssen«. Steinbach sieht aber noch ein anderes Problem: »Die Branche leidet zunehmend darunter, dass sich die Arbeitnehmer neuen Berufen in anderen Branchen zuwenden.« Aber nicht alle Anbieter im Brandenburger Tourismus leiden unter der Coronakrise. »Campingplätze, Ferienwohnungen und unsere Bootsverleiher haben im vergangenen Jahr zum Teil sogar zulegen können«, sagte Steinbach.
Das Corona-Jahr 2020 sorgte bei zahlreichen Tourismusbetrieben für drastische Einbrüche bei den Übernachtungszahlen. Der Rückgang war bei den Jugendherbergen mit nahezu zwei Dritteln am größten, wie aus Zahlen des Amts für Statistik Berlin-Brandenburg hervorgeht. Die Zahl der Übernachtungen bei Erholungs- und Ferienheimen sanken um rund die Hälfte, bei Hotels, Gasthöfen und Pensionen war es ein Minus von rund einem Drittel. Bei Ferienwohnungen war der Rückgang mit 15,7 Prozent nicht ganz so stark, dagegen legten die Camping-Übernachtungen sogar um ein Zehntel zu.
Viele Gaststätten halten sich in der Coronakrise mit Speisen zur Abholung oder Lieferservices über Wasser. Die »Wilde Klosterküche« in Neuzelle (Oder-Spree) etwa bietet Veranstaltungen und Menüs zu Ostern, aber keinen regulären Mittagstisch. »Für uns ist das Preisniveau zu weit unten, als dass sich das für uns lohnen würde«, sagte Küchenchef Manu Bunke, der nach eigenen Angaben großen Wert auf regionale Qualitätsprodukte legt. »Dass wir damit existieren können, ist nicht der Fall.« Er hat schon mehrere Hilfen beantragt.
Ähnlich geht es dem »Café Matschke« in Potsdam, einer Gaststätte mit Galerie. Das sei ein bisschen Taschengeld, sagte Chef Torge Kieburg über das Angebot von Speisen zum Abholen an Wochenenden und Feiertagen wie Ostern. Damit könne er die Mitarbeiter ein wenig bei der Stange halten, aber das Geschäft lohne sich nicht. Er hat auch schon diverse Hilfen von Bund und Land bekommen - und im Jahr 2020 Unterstützung in Höhe etwa einer Monatsmiete über eine Solidaritätsaktion von Künstlern, die dort ausstellen.
Seit November 2020 gilt für Gaststätten ein Lockdown. Regionale Öffnungen sollten in Brandenburg über Modellprojekte möglich werden, das hat Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) erst einmal verschoben. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Brandenburg sah darin eine Chance. Denn seit dem 2. November sind Gaststätten und Cafés in Brandenburg wegen der Coronakrise geschlossen - bis auf Liefer- oder Abholdienste.
Für Unternehmen und Solo-Selbstständige stehen verschiedene Hilfen zur Verfügung, zum Beispiel die Überbrückungshilfe des Bundes. Der Wirtschaftsminister bekräftigte die Pläne für eine Unterstützung beim Neustart. »Wir werden in Ergänzung der vorhandenen Programme - voraussichtlich ab Mitte Mai - zusätzliche europäische Mittel für Investitionen bis 60 000 Euro in kleinen und mittleren Unternehmen zur Verfügung stellen«, sagte Steinbach. Die EU-Mittel sollen Unternehmen helfen, besser aus der Krise zu kommen, wenn sie zum Beispiel Lüftungstechnik einbauen oder die Digitalisierung vorantreiben. Das Programm läuft bis Ende 2022. Auch die regionalen Tourismusorganisationen sollen Hilfe bekommen. dpa
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